Der bedrohte Steinkauz lässt sich im Baugebiet in Stammheim nicht nachweisen. Daher können die Planungen für den Wohnungsbau fortgesetzt werden.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stammheim - Das Gebiet im Stammheimer Osten, grenzt an die Herbertstraße und ist fast so groß wie neun Fußballfelder: Dort liegen Äcker, Wiesen und Kleingärten, im Sommer summen die Bienen, Vögel zwitschern. Dennoch hat die Mehrheit im Stuttgarter Gemeinderat beschlossen, dass dort 300 bis 320 Wohnungen gebaut werden sollen. Das war vor neun Jahren.

 

Gebaut worden ist noch immer nicht. Aus mehreren Gründen: Zunächst wollte die Stadt, dass sich die Grundstückseigentümer freiwillig an einem Grundstückstausch beteiligen. Das wollten nicht alle. So wurde aus der so genannten freiwilligen Umlegung eine amtliche und der Druck auf die Eigentümer erhöht. Mit Erfolg: „Jeder hat ein Zuteilungsprotokoll unterschrieben, dass ihm zusichert, dass er einen Bauplatz erhält, beziehungsweise einen Anspruch darauf hat“, sagte Alexander Pazerat vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung (AfSS). Das war vor anderthalb Jahren.

Dem Ruf des Steinkauzes folgt das Gutachten

Dann folgte der Ruf des Steinkauzes. Den hatte die Stammheimer Grünen-Bezirksbeirätin Petra Bonnet im Sommer 2010 vernommen und daraufhin den Naturschutzbund (Nabu) informiert. Dessen zweiter Vorsitzender machte sich auf ins Gebiet, um sich nach dem Tier umzuschauen. Er habe das Tier mit eigenen Augen gesehen, womöglich „ein Jungtier auf Reviersuche“. Der Nabu forderte von der Stadt eine Nacherfassung, ob sich Exemplare der bedrohten Eulenart tatsächlich im Gebiet finden. Obwohl es in den Jahren 2005 und 2007 Untersuchungen zu Fauna und Flora gegeben hat, wurde für 2011 ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben.

Das Ergebnis liegt nun vor: „Es ist kein Nachweis auf den Steinkauz gelungen“, sagt Hermann Degen, der beim AfSS für Grünplanung zuständig ist. „Es wurden nach den üblichen Standards an mehreren Tagen zu verschiedenen Zeiten Durchgänge im Gebiet gemacht und gezielt nach der Vogelart gesucht.“ Ohne Erfolg. Dass es im Gebiet andere bedrohte Tierarten gibt, ist nicht neu. „Es gibt 77 verschiedene Wildbienenarten im Gebiet, darunter hoch spezialisierte wie die geriefte Schmalbiene oder eine seltene Sandbienenart“, sagt Degen. Sie seien im Arten- und Biotopschutzprogramm des Landes als besonders schützenswert eingestuft. Während für den Naturschutzbund die geplante Bebauung einer Katastrophe gleichkommt, ist Degen überzeugt, dass Vorkehrungen getroffen werden können, um den Belangen des Artenschutzes gerecht zu werden.

Es soll so schnell wie möglich weitergehen

„Viele Bienen werden in dem Baugebiet ihren Lebensraum verlieren, es wird aber eine zentrale, große Grünfläche geben, wo wir durch bestimmte Pflanzenarten und die Gestaltung des Geländes alternativen Lebensraum schaffen können.“ Die Gutachter gehen in ihrer Empfehlung davon aus, dass der Bestand der Bienen trotz Bebauung dauerhaft gesichert werden könne. „Wir kommen dieser Empfehlung nach.“ Die Ergebnisse des neuerlichen Gutachtens werden nun in die Planungsunterlagen eingearbeitet. „Sobald der Umweltbericht in trockenen Tüchern ist, werden wir den Auslegungsbeschluss vorbereiten und damit in die zuständigen, politischen Gremien gehen“, sagt Degens Kollege Karl-Theo Maurer. „Und zwar so schnell wie möglich.“ Nachdem die Bezirksbeiräte und die Stadträte über die Vorlage beraten haben, können Bürger und Verbände ihre Kritik erneut einbringen. Erst dann wird der endgültige Beschluss, der Satzungsbeschluss vorbereitet, behandelt und gegebenenfalls verabschiedet.