Laura Müller war für Ärzte ohne Grenzen in der Demokratischen Republik Kongo. Nun sieht sie manches in ihrer deutschen Heimat mit anderen Augen.

Stuttgart/Mweso - - Sie hat ihren Job in der Kinderpsychiatrie des Stuttgarter Klinikums gekündigt, um für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zu arbeiten. Jetzt ist Laura Müller von einem neunmonatigen Aufenthalt in der Demokratischen Republik Kongo zurückgekehrt – und sieht hier manches mit anderen Augen.
Frau Müller, Sie haben in einer ganz anderen Welt gelebt. Was löst der Satz „Morgen ist Weihnachten“ jetzt bei Ihnen aus?
Unheimliche Freude, weil das eine super Gelegenheit ist, meine Familie wiederzusehen. Meine Leute haben sich in den vergangenen Monaten Sorgen um mich gemacht, und ich habe mir in gewisser Weise auch Sorgen um mich gemacht. Es gab in der Zeit auch Krankheitsfälle in meiner Familie, und ich konnte nicht in dem Ausmaß helfen, wie ich es gerne gewollt hätte. Deshalb ist die Weihnachtszeit für mich eine tolle Sache. Auf der anderen Seite steht mir gar nicht der Kopf danach, irgendwelche Geschenke zu besorgen, nur damit man nicht mit leeren Händen dasteht. Ich habe in letzter Zeit so viel Not und Armut gesehen, dass es einen bitteren Beigeschmack hat, einfach Geld zu verprassen.
Was ist für Sie der krasseste Unterschied zwischen dem afrikanischen Land, das zu den ärmsten der Welt gehört, und dem reichen Stuttgart?
Was ich in Afrika als ganz fabelhaft erlebt habe, war die Lebenseinstellung der Menschen, der Versuch, das Beste aus jeder Situation zu machen, die Lebensfreude. Da wird sich zwar auch mal beklagt, aber prinzipiell schaut man, aus der Not geboren, eher in die Zukunft und sagt sich: Irgendwie kriegen wir das hin. In Deutschland erlebe ich sehr oft, dass Menschen klagen, sich zurücklehnen und dadurch in unschönen Situationen verharren.
Viele junge Mädchen träumen in ihrer idealistischen Phase davon, Kindern in Afrika zu helfen. Sie haben es getan. Gehörte das immer schon zu Ihren Zielen?
Ich hatte tatsächlich schon als Mädchen den Traum, für Ärzte ohne Grenzen zu arbeiten. Allerdings gehe ich häufig zielstrebig Umwege. Ich habe mich auch nicht von Beginn meines Medizinstudiums in Freiburg an tropenmedizinisch orientiert. Aber ich habe Nebenjobs übernommen, die es mir ermöglichten, mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen in Kontakt zu kommen, ich habe Sprachen gelernt, bin viel gereist. Das hat mir alles bei meinem ersten Einsatz geholfen. Und bevor es losging, habe ich natürlich noch einen tropenmedizinischen Kurs belegt.
Wie sah der Weg in den Kongo dann konkret aus?
Da Ärzte sich häufig für mehrere Monate verpflichten, können sie entweder mit Einverständnis des Arbeitgebers mehrere Monate unbezahlten Urlaub nehmen, oder sie stecken sowieso zwischen zwei Verträgen und nutzen diese Zeit. Oder sie kündigen ganz bewusst, um für Ärzte ohne Grenzen arbeiten zu können. So habe ich es gemacht.