Patrizia hat den Zuschlag beim Verkauf der LBBW-Immobilien erhalten. Der Konzern verwaltet Wohnungsbestände für Dritte und macht keine Zusagen zum Mieterschutz.

Das Stuttgart - höchste Angebot für die gut 21 500 zum Verkauf stehenden Wohnungen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat mit 1,3 Milliarden Euro das Augsburger Immobilienunternehmen Patrizia abgegeben. Der Konzern ist zwar börsennotiert, aber trotzdem eher schweigsam - und deshalb in der Öffentlichkeit nicht breit bekannt.

 

Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1984 vom amtierenden Vorstandschef Wolfgang Egger, der auch immer noch die Mehrheit der Aktien hält. 2006 hat Egger Patrizia an die Börse gebracht. Ursprünglich waren die Augsburger ein reiner Immobilienentwickler. „Kaufen, hübsch machen, verkaufen“, erklärt ein Insider das Geschäftsprinzip. Heute gelte das aber größtenteils nicht mehr, stellt ein Unternehmenssprecher klar, der weiß, welch schlechter Ruf mit solch einem Geschäftsmodell verbunden ist. Grundsätzlich mache die Patrizia rund vier Fünftel ihres heutigen Geschäfts als Dienstleister für Pensionsfonds oder Versicherungen. Für diese Großanleger manage sie umfangreiche Immobilienbestände. Rund vier Milliarden Euro des unter Patrizia-Regie stehenden Immobilienvermögens entfallen auf diesen Bereich und machen damit vier Fünftel des Gesamtvolumens aus.

Immobilien im Wert von einer Milliarde

Auf eigene Rechnung betreiben die Augsburger noch Immobilien im Wert von rund einer Milliarde. Mit insgesamt 5,2 Milliarden Euro Immobilienvermögen sieht sich Patrizia bundesweit speziell bei Wohnungen als erste Adresse. Das Geschäft mit der LBBW wäre dem Bereich Dienstleistungen für Dritte zuzuordnen. Denn für die Augsburger alleine, die zuletzt einen Jahresumsatz von 375 Millionen Euro verbucht haben, wäre die Dimension viel zu groß. Patrizia arbeitet in diesem wie vergleichbaren anderen Fällen mit Finanzierungspartnern, etwa Pensionskassen, zusammen. Es sei nicht sehr wahrscheinlich, dass diese einen Weiterverkauf der LBBW-Wohnungen als Finanzierungskomponente des Deals einplanten, sagen Branchenkenner. Solche Anleger würden in der Regel kein schnelles Geschäft suchen, sondern eine langfristige Einnahmequelle.

Patrizia selbst macht im Fall der LBBW-Wohnungen offiziell keine Zusagen zum Mieterschutz. Das Unternehmen hat aber eine Sozialcharta akzeptiert. Die damit verbundenen Beschränkungen werden aber vom Mieterbund als unzureichend kritisiert. Auch die Gewerkschaft Verdi hat starke Bedenken bezüglich Patrizia. Der frühere baden-württembergische Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) hat hingegen im Auftrag der Augsburger bei Kommunalpolitikern gut Wetter für sie gemacht.

In der Lage, ein Immobiliengeschäft in dieser Größenordnung zu managen, waren die Augsburger schon in jüngster Vergangenheit. Erst im vergangenen Jahr haben sie ebenfalls gemeinsam mit Co-Investoren eine Immobilientochter der angeschlagenen HSH-Nordbank übernommen, die für 2,5 Milliarden Euro den Besitzer gewechselt hat. Allein die Hälfte des aktuell auf eigene und fremde Rechnung verwalteten Immobilienbestands kam also 2011 neu dazu. Der Patrizia-Umsatz für das vorige Jahr ist noch nicht bilanziert. Analysten schätzen, dass der operative Gewinn von 12,8 auf 16 bis 17 Millionen Euro gestiegen ist. Widergespiegelt wird das Wachstum durch die Personalentwicklung. So ist die Mitarbeiterzahl 2011 von 375 auf 500 Personen gewachsen, sagt ein Unternehmenssprecher. An der Börse wird der Augsburger Konzern gegenwärtig mit rund 200 Millionen Euro bewertet.