Die Landesbank hat die Krise überwunden, aber jetzt steht der nächste Umbau an. Ein Kommentar von Michael Heller.

Stuttgart - Mangelnde Offenheit kann dem scheidenden LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter niemand vorwerfen: Weder die LBBW, noch die Branche insgesamt, so hat er gesagt, sei bei dem Thema Digitalisierung ausreichend aufgestellt. Vetter: „Man könnte auch sagen, dass wir die Entwicklung zu verschlafen drohen.“ Bei diesem Eingeständnis hat der 63-Jährige, der ansonsten keine ausgeprägt große Neigung zur Selbstkritik hat, natürlich einen Hintergedanken: Bei seiner letzten Bilanz-Pressekonferenz sagt Vetter seinem Nachfolger Rainer Neske gleich, wo in der Zukunft der Schwerpunkt liegen muss.

 

Unabhängig davon ist Vetters Befund richtig; dass es so gekommen ist, lässt sich allerdings auch leicht erklären. Denn wie viele andere Branchen muss die Kreditwirtschaft einen Wandel durchmachen, in dem sie nicht so frei agieren kann wie andere, neue Wettbewerber. Etablierte Banken wie die LBBW fangen nicht wie die im Internet gegründeten Dienstleister, die unter dem Begriff Fintechs zusammengefasst werden – und noch den Vorteil haben, von regulatorischen Vorgaben befreit zu sein –, bei null an. Die Banken haben ihre Filialstandorte, und sie haben ihr Personal; beides ist bedroht, wenn immer mehr Bankgeschäfte ins Internet abwandern.

Das vorsichtige Agieren der Branche beim digitalen Wandel dient auch dem Zweck, den richtigen Weg, der nur ein Mittelweg sein kann, zu finden. Die Geldbranche hat keinen Grund, in Depression zu verfallen. Denn es sind ja keineswegs alle Kunden rundweg begeistert von dem Gedanken, künftig sämtliche Geschäfte vom PC daheim aus erledigen zu sollen. Da spielt natürlich das Thema Sicherheit eine große Rolle; aber viele Geldangelegenheiten sind nun einmal so komplex, dass sie der Kunde auch künftig noch am liebsten mit einem kompetenten Berater von Angesicht zu Angesicht besprechen möchte. Wo also für ein Kreditinstitut, das so wie die LBBW eine Filialbank bleiben möchte, die Grenzen von Digitalisierung und Automatisierung liegen, ist offen.

Noch Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger Jahre waren die Zweifel weit verbreitet, ob sich Geldautomaten jemals flächendeckend durchsetzen würden. Und heute? Eine Welt ohne Geldautomaten ist gar nicht mehr vorstellbar. So wird die Automatisierung wohl kaum wieder zurückgedrängt werden. Für die Banken bedeutet das, dass in Technik investiert werden muss. Die LBBW ist erfreulicherweise nach überstandener Krise in der Lage, die entsprechenden Mittel aufzubringen.