Fragwürdige Steuertricks bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), durch die dem Fiskus mehr als 100 Millionen Euro entgangen sein sollen, beschäftigen die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Auch bei der EnBW gibt es einen Verdacht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die fragwürdigen Steuertricks bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), durch die dem Fiskus mehr als 100 Millionen Euro entgangen sein sollen, beschäftigen auch die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Eine Sprecherin der Behörde sagte, das Finanzamt habe dazu ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und dieses an die für Wirtschaftsdelikte zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft abgegeben. „Wir haben dieses Verfahren übernommen und prüfen derzeit die Vorwürfe“, fügte sie hinzu. Ob sich der Verdacht gegen unbekannt oder gegen konkrete Personen richtet, war zunächst nicht zu erfahren.

 

Der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) bestätigte derweil, dass der Aufsichtsrat von der LBBW über das Ergebnis interner Untersuchungen „umfassend informiert“ worden sei. Nähere Auskünfte, etwa zum Volumen der fraglichen Geschäfte, könne er wegen des Steuergeheimnisses nicht geben. Er teile die Ansicht des Bankchefs Hans-Jörg Vetter, dass Geschäfte zu Lasten des Fiskus gerade für staatliche Institute nicht akzeptabel seien.

Cum-Ex-Geschäfte

Die fragwürdigen Aktiengeschäfte rund um Dividendenstichtage waren durch Recherchen von Stuttgarter Zeitung und SWR publik geworden. Durch eine schnelle, komplizierte Abfolge von Transaktionen mit Aktien oder Optionen darauf wurde der Fiskus dazu gebracht, die einmal entrichtete Kapitalertragsteuer doppelt oder mehrfach zurückzuerstatten. Man spricht von Cum-Ex-Geschäften, weil die Aktien mal mit (cum), mal ohne (ex) Dividende gehandelt wurden. Seit 2012 ist diese auch bei anderen Banken angewandte Praxis des „Dividendenstrippings“ rechtlich nicht mehr möglich. Ob sie bis dahin eine zulässige oder missbräuchliche Steuergestaltung war, ist umstritten; eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs dazu wird für 2014 erwartet. Finanzminister Schmid sprach von Geschäften „hart an der Grenze des Legalen“. Die LBBW hatte solche Geschäfte für den Zeitraum nach 2009, als die Restrukturierung begann, ausgeschlossen. Frühere Vorgänge hätten sich nicht mehr vollständig klären lassen. Man habe die zuständigen Gremien, die Finanzbehörden und die Staatsanwaltschaft informiert. Der Vizeaufsichtsratschef Schmid kündigte an, man werde die Bank darum bitten, das Land vom Steuergeheimnis zu entbinden; es sei aber „immer die Frage, in welchem Umfang“ das geschehe. Warum die HSH Nordbank in einem ähnlich gelagerten Fall ihre Steuererklärung um knapp 130 Millionen Euro korrigiert hat, die LBBW bis jetzt aber offenbar nicht, konnte der Minister nicht sagen. Auch zur deutlich offeneren Informationspolitik der von Hamburg und Schleswig-Holstein getragenen HSH Nordbank äußerte er sich nur vage; es sei immer gut, wenn die Bank über das, was sie gesichert wisse, auch informiere.