OB Schuster und Finanzbürgermeister Föll setzen zum Gegenangriff an. Die Stadt will bei den LBBW-Wohnungen noch retten, was zu retten ist.

Stuttgart - Die Niederlage im Bieterverfahren um die 21.000 LBBW-Wohnungen war noch nicht verdaut, da setzten ein tief enttäuschter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und ein nicht weniger betroffener Erster Bürgermeister Michael Föll im Stuttgarter Rathaus am Dienstagnachmittag bereits zum Gegenangriff an. Die Stadt, daran ließen beide in vereinter Offensive keinen Zweifel aufkommen, will alles daran setzen, wenigstens in der Landeshauptstadt zu retten, was vielleicht noch zu retten ist, und die preiswerten Wohnungen langfristig sichern. „Wir sind enttäuscht und haben Sorge, wie es mit den Wohnungen und den Mieten weitergeht, wir brauchen einen langfristigen Schutz vor Kündigungen und Mieterhöhungen und wir brauchen eine Bestandspflege“, betonte OB Schuster.

 

Die Stadt, so machten beide CDU-Politiker klar, verfolgt dabei eine dreigleisige Strategie. Zum einen will man mit Patrizia über deren Angebot einer zehnprozentigen Beteiligung an der neuen Tochtergesellschaft für den LBBW-Bestand verhandeln, zum anderen will man sich um den Kauf der Eisenbahnersiedlungsgesellschaft (ESG) bemühen, der landesweit knapp 5000 der 21.000 LBBW-Wohnungen gehören. Und drittens will man auf kommunalpolitischer Ebene, so der Gemeinderat zustimmt, mit einer Erhaltungssatzung fürs Nordbahnhofviertel spekulativen Modernisierungen und Mietsteigerungen einen Riegel vorschieben. Dort befinden sich die meisten der gut 2000 ESG-Wohnungen in Stuttgart.

Die Stadt betrachtet das Angebot von Patrizia mit Argwohn

Das Angebot von Patrizia, die Stadt könne sich mit zehn Prozent beteiligen, wird von dieser nicht ohne Argwohn betrachtet. „Wir haben kein Interesse an einer reinen Finanzbeteiligung“, so OB Schuster. Verhandlungen mit Patrizia machten nur Sinn, wenn diese die freiwillige soziale Selbstbindung des Baden-Württemberg-Konsortiums bezüglich höherer Instandhaltungsmaßnahmen, verlängertem Mieterschutz, Sicherung kommunaler Belegungsrechte und Mietpreisbindungen und Erhalt von 18.000 Wohnungen übernähmen. „Dann hätten wir im Wesentlichen das erreicht, was wir erreichen wollten“, sagte Schuster. Dann folgte ein ungewohnt offener Seitenhieb auf die LBBW, die in einer Presseerklärung den Zuschlag für Patrizia mit deren höherem Kaufpreisangebot bei „inhaltlich gleichwertigen Angeboten“ begründet hatte. Schuster: „Dann dürfte Patrizia ja kein Problem haben diese Bedingungen zu erfüllen.“

Michael Föll kritisiert die Zehntagesfrist für das Angebot

Erster Bürgermeister Michael Föll kritisierte die von Patrizia gesetzte Zehntagefrist, binnen der sich die Stadt entscheiden müsse. „Wenn man ein solches Angebot unterbreitet, meint man es nicht wirklich ernst“, sagte Föll. Und: „Wir werden alles daran setzen müssen, dass wir nicht nur ein Feigenblatt für ein Geschäftsmodell sind, das wir nicht mittragen können.“ Deshalb werde man mit Patrizia auch über einen Kauf der ESG-Wohnungen sprechen. Föll geht davon aus, dass in diesem Fall auch das Baden-Württemberg-Konsortium als Käufer auftreten würde. Für diesen Fall sei auch denkbar, dass das BW-Konsortium auch den Teil seines Konzeptes umsetze, der jährlich neben der Bestandspflege auch den Bau von 250 neuen Wohnungen im Land vorsieht.

Gerüchten, das BW-Konsortium prüfe eine Klage gegen die LBBW-Entscheidung , erteilte der OB eine Absage. „Im Moment haben wir dazu keinen Anhaltspunkt.“ Gleichwohl ist man im Rathaus nachgerade entsetzt darüber, dass die LBBW ihrer Verantwortung gegenüber den betroffenen Mietern und Städten nicht gerecht geworden sei. Die Sozialcharta sie „völlig unzureichend“. Föll: „Die fünf Jahre sind nur eine Schamfrist, danach kann mit den Wohnungen geschehen, was die Eigentümer wollen.“