Möbel mit Geschichte sind schwer in Mode. Besonders beliebt sind Einrichtungen, die alte und moderne Stücke kombinieren. Wir haben uns umgeschaut: bei einem Restaurator, der Antiquitäten aufwendig bearbeitet, und wo es in Stuttgart gebrauchte Möbel gibt.

Stuttgart - Er ist der Mann fürs Feine. Gehobelt wird bei Moritz Dill nur selten, und wenn mal Späne fallen sollten, kehrt er sie gleich wieder zusammen. Wie eine Werkstatt sehen die beiden Räume in einem Hinterhaus im Stuttgarter Westen jedenfalls nicht aus. Es liegen keine Werkzeuge herum, der Boden ist blitzsauber, alles ist aufgeräumt.

 

Moritz Dill ist Restaurator. „Viele Menschen denken bei diesem Beruf an Schreiner, aber das ist etwas ganz anderes“, sagt der 37-jährige Stuttgarter, der fasziniert ist von Antiquitäten und alten Skulpturen. Natürlich stehen auch in seiner Wohnung alte Möbel. „Das ist eine zeitlose Art, sich einzurichten“, sagt Moritz Dill. Er findet es wichtig, mehrere Stile zu kombinieren: „Ein alter Tisch und dazu ein Bauhausstuhl – was gibt es Schöneres?“ Oder umgekehrt: ein moderner Tisch mit alten Thonet-Stühlen, oder, derzeit besonders beliebt, mit ganz unterschiedlichen Stühlen. Eine Einrichtung mit ausschließlich antiken Möbeln wäre langweilig, findet Dill: „Es soll ja nicht aussehen wie im Museum.“

Gerade dieser Mix ist derzeit in Wohnzeitschriften und Einrichtungsblogs häufig zu sehen. Auch immer mehr jüngere Leute suchen auf Flohmärkten, bei Antiquitätenhändlern, in Second-Hand-Kaufhäusern oder im Internet nach alten Einzelstücken. Einige, die viel Wert auf die Erhaltung und die Pflege des Möbels legen, kommen dann zu Moritz Dill oder seinen Kollegen.

Die Alterspatina soll erhalten bleiben

Seine Arbeit beschreibt er als Zusammenspiel von traditionellen Handwerkstechniken, chemischem Knowhow, künstlerischem und historischem Wissen. Dill ist also keiner, der alte Bauernschränke einfach neu lackiert, sondern jemand, der mit sehr filigranem Werkzeug arbeitet. „Ich will die ursprüngliche Aussage von Kunst- und Kulturgut ablesbar machen.“ Das ist immer auch eine Abwägung: Einerseits soll die Patina sichtbar bleiben – keinesfalls sollen Biedermeierkommoden plötzlich wie neu aussehen –, gleichzeitig soll das Ergebnis dem ursprünglichen Erscheinungsbild sehr nahe kommen.

Das wertvollste Stück: der Schrank des Kaisers von China

Moritz Dill findet es schlimm, wenn er auf manchen Märkten oder Messen Möbel und Skulpturen sieht, „die von allen Kennzeichen ihres Alters befreit und mit glänzendem Lack behandelt worden sind“. Bevor er etwas bearbeitet, versucht er, sich in die Lage des Handwerkers zu versetzen, der das Stück hergestellt hat. „Dabei entwickle ich immer eine Demut gegenüber dem Objekt. Es ist Wahnsinn, was Möbelbauer unter den damaligen Bedingungen abgeliefert haben“, sagt Dill, der in München studiert hat. Er verwendet vor allem historische Materialien wie Wachse und Farbpigmente, um das Stück nicht zu verfremden. „Das wissen meine Kunden zu schätzen.“ Dabei handelt es sich um Privatkunden, die ihre Erbstücke pflegen wollen, um Auktionshäuser, Museen, Kirchen und Sammler. Zu seinen spektakulärsten Arbeiten gehörten ein Objekt des Kunsttischlers David Roentgen aus dem 18. Jahrhundert, Stücke im Louis-Seize-Stil vom französischen Königshof und der Schrank eines chinesischen Kaisers im Wert von 1,2 Millionen Euro.

Egal wie wertvoll das Möbelstück oder die Skulptur auch sind: Was Moritz Dill niemals macht – und darauf legt er großen Wert –, ist eine Restauration. „Der Begriff kommt aus der Gastronomie. Das ist hier ja kein Lokal mit Essen und Trinken.“