Bettina Pradella vom Vaihinger Kunstverein Kultur am Kelterberg unterrichtet in Linol- und Schablonendruck. Ihre eigenen farbigen Zeichnungen und großformatigen Ölgemälde entstehen in einem Atelier in Bad Cannstatt.

Vaihingen/Bad Cannstatt - Sie interessiert sich für Menschen. Mehr aber noch für die Handlungen, die Menschen ausführen. Und so bekommen Bettina Pradellas Gemälde und Zeichnungen Titel, die aus Verben („anhalten“) oder Partizipien („geerdet“) bestehen. Die Künstlerin aus Rohr, die sich mit drei weiteren Künstlern ein Atelier in Bad Cannstatt teilt, arbeitet neuerdings als Dozentin für den Kunstverein Kultur am Kelterberg. Am 23. März beginnt ihr Kurs „Linol- und Schablonendruck“.

 

Bettina Pradella ist erst seit Kurzem Mitglied des Kunstvereins, den sie durch ihren Ateliervorgänger Robert Matthes kennengelernt hat. Als Dozentin widmet sie sich der Druckkunst, in ihrem Atelier entstehen vor allem farbige Zeichnungen und großformatige, leuchtende Ölgemälde. 1980 in Köln geboren und in der Nähe von Bonn aufgewachsen, ist der rheinische Tonfall der Künstlerin unverkennbar. Doch das den Rheinländern nachgesagte Temperament wirkt bei ihr gebändigt: Bettina Pradella neigt zur Sachlichkeit in allem, was sie tut.

Versteckt hinter einem Gewirr von Bändern

Als 15-Jährige begann sie mit Akt- und Porträtkursen bei der Volkshochschule, nach dem Abitur lernte sie zunächst den Beruf der technischen Zeichnerin und besuchte nebenbei eine freie Kunstschule. 2005 wechselte sie nach Stuttgart und begann ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste.

Ihre Buntstiftzeichnungen und Gemälde zeigen in der Hauptsache Menschen, die sich hinter einem Schutzanzug oder einem Gewirr von Bändern verstecken. Sie habe lange geübt, um Porträts zu zeichnen, sagt Pradella, aber sie sei mehr interessiert an der Haltung, am Tun der von ihr Porträtierten. „Es geht um den Wechsel zwischen passiv und aktiv“, sagt die Künstlerin, „es geht um die Körpersprache, auch um die Frage, ob der Mensch die Situation oder die Technik im Griff hat.“

Eine eher versteckte Gesellschaftskritik

Betrachter interpretieren ihre Arbeiten nicht selten politisch. Sie selbst findet das eher erstaunlich. Vielleicht liege das daran, dass sie mehr Sachtexte über politisches Geschehen als Romane oder Lyrik lese. Dass sie lieber Dokumentar- als Spielfilme sehe. „Vermutlich fließt das in meine Arbeitsweise hinein“, sagt sie nachdenklich, „manchmal merke ich erst später, dass mehr hinter den Bildern steckt. Es ist vielleicht eine versteckte Gesellschaftskritik.“

„abtauchen“ im Haikäfig

Bei einer Ausstellung am Kelterberg war Pradella mit einer Zeichnung vertreten: eine Frauengestalt hält sich ein Knäuel von roten Spannbändern und Kordeln vor das Gesicht. Ihre Motive holt sich die Künstlerin von Fotos, eigenen wie den von anderen, oder von Filmen. Sie setzt sie zu Bildcollagen zusammen, die eine Situation wiedergeben, als habe sie mit ihrer Staffelei danebengestanden. Das 2015 entstandene „abtauchen“ ist so ein Beispiel. Es zeigt einen Taucher in einem Haikäfig, der darauf wartet, ins Wasser gelassen zu werden. Das Bild ist in vielen Schattierungen von Rottönen gemalt, eine ungewöhnliche Wahl für das Thema. Die bedrohliche Situation wird dadurch verstärkt, der Käfig dient zugleich als Schutz und als Gefängnis. „Mein Thema ist die Frage: Wie frei sind wir wirklich?“, sagt Bettina Pradella dazu.