Stefanie Krüger vom Kunstverein Gästezimmer gestaltet Bilder wie Installationen. Ihre Werke bestehen aus einem Einzigen Pinselstrich, mit zum Teil selber zusammengebauten Pinseln von bis zu einem Meter Länge.

Möhringen - Ich bringe die Malerei auf ihre Grundessenz zurück: auf den einzelnen Pinselstrich.“ Stefanie Krüger, freischaffende Künstlerin und Mitglied des Kunstvereins Gästezimmer an der Vaihinger Straße, beschäftigt sich vor allem mit der freigestellten Linie. Und mit Licht. Sie verwendet zum Teil Farben nur indirekt, als Widerschein. Die Effekte, die sie dadurch erreicht, sind schlicht, aber spannend.

 

Ihre Leidenschaft gehört der Kunst und der Physik

1975 in Stuttgart geboren, interessierte sich die Schülerin für zwei Fächer ganz besonders: für Kunst und für Physik. Sie studierte an der Kunstakademie in Stuttgart und ging für ein halbes Jahr als Erasmus-Studentin nach Madrid an die Akademie Bellas Artes. Zunächst hieß das Ziel Kunst- und Physiklehrerin, doch nach dem Referendariat und zwei Jahren Schulunterricht entschied sie sich ganz für die Kunst.

Zu der Zeit bekam ihr Mann, mit dem sie drei Kinder im Alter von zehn, sechs und vier Jahren hat, eine Stelle in New York. Ein Jahr lang kämpfte sie sich glücklich durch den Stadtdschungel von Brooklyn und bereitete ihre erste Einzelausstellung in einer New Yorker Galerie vor. Als aber die Älteste in die Schule kommen sollte, kehrte die Familie nach Stuttgart zurück, wo sie in Degerloch lebt. In Möhringen wartete schon das Atelier im Kunstverein Gästezimmer auf Stefanie Krüger.

Zusammengebaute Pinsel mit über einem Meter Breite

Ihre Pinselstriche wirken leicht und zufällig, doch die Malerin muss viel üben und vorbereiten, um diese scheinbare Leichtigkeit zu erreichen. War die Spur des Pinsels bei alten Meistern oft so fein, dass sie auf der Leinwand nicht mehr als solche zu erkennen ist, vergrößert Stefanie Krüger den Strich auf außergewöhnliche Weise. Ihre Pinsel sind schon mal über einen Meter breit. Sie hat sie dann aus mehreren Pinseln selbst zusammengebaut.

„Ich arbeite immer mit Materialien, die ich hinterher zerschneiden kann“, erläutert die Künstlerin: Sie malt auf Papier oder auf dünnem Polycarbonat, das sie anschließend mit dem Cutter bearbeiten kann. Neben diesen Pinselstrichen in der Art eines Scherenschnitts und in allen möglichen Größen ist das Spiel mit dem Licht entscheidend. Der ausgeschnittene Pinselstrich, der beidseitig bemalt ist, wird mit etwas Abstand an einer weißen Wand montiert. Das kräftige Orange, Grün oder Blau, mit dem Stefanie Krüger die Rückseite bemalt hat, ist dann nur als Widerschein auf der hellen Wand zu sehen. Auf diese Weise werden zweidimensionale Bilder zu plastischen Installationen.

Ihre Werke spiegeln Zustände und Tätigkeiten wieder

Eine ihrer Serien beschäftigt sich mit dem Fluss Lauter, der durch Gundelfingen fließt, wo derzeit Bilder von Stefanie Krüger in der Stiftung Anton Geiselhart zu sehen sind. Als Stipendiatin arbeitete sie im vergangen Jahr dort und war beeindruckt von den Wiesenflächen des Lautertals. „Between“ heißt ihre Serie, die eine mäandernde Flusslinie den eher glatten Straßenverläufen gegenüberstellt.

Ihre Arbeiten tragen seit ihrer Zeit in New York oft englische Titel. „Meist bezeichnen sie einen Zustand oder eine Tätigkeit, aber es gibt auch eine Verbindung zu Emotionen“, erklärt Stefanie Krüger. Die Installation „43/back and forth“ beispielsweise, bestehend aus kleineren konvex geformten Pinselstrichen in einer konkav zusammengestellten Gruppe, soll an die 43 Menschen erinnern, die im Jahr 2014 in Mexiko spurlos verschwunden sind.

Bei ihrer Installation „Verbindungsstück“, einer der neueren Arbeiten, hat sie das Prinzip Spiegelung wieder aufgegeben und einen braunen, breiten Pinselstrich von der Wand auf den Boden überlappen lassen. „Ich setze also die Linie in die geometrischen Formen des Raumes“, erläutert sie. Da ist sie wieder, die Vorliebe der Schülerin für Mathematik und Physik.

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