Kommen die Äpfel wirklich vom Bodensee? Die Überwachung von im Internet gehandelten Lebensmitteln wird immer wichtiger. Baden-Württemberg baut hier weitere Kapazitäten auf – Betrüger sollen durch neue Prüfmethoden auffliegen.

Stuttgart - Kakerlaken beim Pizzabäcker oder Schafskäse aus Kuhmilch gehören auch heute noch zum Arbeitsumfeld der behördlichen Lebensmittelkontrolle. Doch führt die Technik ständig zu neuen Herausforderungen. Das Internet zum Beispiel. Der Einkauf von Lebensmitteln per Mausklick erfreut sich wachsender Beliebtheit. Wie aber sollen die über das virtuelle Datennetz vertriebenen Waren kontrolliert werden? Oder kann man irgendwie feststellen, ob in den „Apfelsaft aus heimischen Streuobstwiesenanbau“ nicht doch Konzentrat aus China Eingang gefunden hat?

 

Man kann, und das hat einem Händler und dessen Ehefrau vergangenes Jahr ein Strafverfahren „wegen Inverkehrbringen unter irreführender Bezeichnung“ eingebracht. Ob eine Gurke wirklich von der Reichenau kommt, Spargel aus der Region Bruchsal oder Schweinefleisch vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein stammt, fördert die Stabilisotopenanalytik zu Tage. Die Methodik, so legte der Verbraucherschutzminister des Landes Alexander Bonde (Grüne) bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2011 über die Lebensmittelüberwachung dar, gibt es noch nicht lange. Die damit befassten Behörden legen derzeit erst noch Datenbanken an, die Rückschlüsse auf die wirklich Herkunft von Produkten ermöglichen. Immerhin haben sie vergangenes Jahr 300 Proben – etwa auch von Wein, Honig oder Erdbeeren – gezogen, um zu prüfen, ob die Angaben über Herkunft und Qualität korrekt sind. Und siehe da: bei neun Prozent der Proben war das nicht der Fall.

Der Chemiker und der Informatiker

Ist der Lebensmittelkontrolleur bei solchen Untersuchungen in erster Linie Chemiker, wird er bei der Überwachung des Internethandels zum Informatiker. Mit der Hand auf der Maus im weltweiten Netz nach Lebensmittelverkäufern zu fahnden, die kontrolliert gehörten, „ist sehr personalintensiv und nicht effektiv“, heißt es in dem Bericht. Mit Suchmaschinen zu arbeiten führt nicht viel weiter, weil Händler, die  etwas zu verbergen haben, bestimmte Schlagworte gezielt umgehen. Da hilft die Entwicklung von Software, die automatisiert im Internet unterwegs ist, um nach Zielobjekten zu forschen. Auch da ist man im Südwesten noch am Anfang. Die Überwachung des Internethandels habe man „im vergangenen Jahr durch die Stabsstelle Ernährungssicherheit am Regierungspräsidium Tübingen intensiviert“, sagte Bonde. Auch beteilige sich das Land an einem bundesweiten Pilotprojekt, das zum Ziel habe, den Internethandel ressourcenschonend, zielführend und effektiv zu überwachen. Immerhin haben die Kontrolleure voriges Jahr schon 43 Händler aus dem Netz gefischt, die nicht als Lebensmittelhändler registriert waren – was zwingende Bedingung für dieses Tun ist.

Der Minister ist zufrieden mit seinen Kontrolleuren: „Die baden-württembergische Lebensmittelüberwachung konnte im letzten Jahr einmal mehr zeigen, dass sie gut aufgestellt ist und ein hohes Niveau der Lebensmittelsicherheit garantiert.“ Dieses Feld habe für Grün-Rot „auch weiterhin höchste Priorität“. „Wir werden den begonnenen Stellenaufbau in den nächsten beiden Jahren daher weiter fortsetzen, sagte Bonde.

In diesem und im vergangenen Jahr gab es 32 zusätzliche Stellen für Lebensmittelkontrolleure.Die Landesregierung will den Stadt- und Landkreisen 2013 und 2014 jeweils 1,1 Millionen Euro zur Verfügung stellen, „damit diese jährlich 22 zusätzliche Lebensmittelkontrolleure einstellen können“, erklärte Alexander Bonde. Zudem würden in diesem Jahr zehn zusätzliche Tierarztstellen für die Lebensmittel- und Veterinärüberwachung in den Kreisen bereitgestellt. In den beiden kommenden Jahren sollen jeweils zehn weitere folgen.

33 000 Verstöße festgestellt

107 000 Kontrollbesuche haben die Überwacher vergangenes Jahr gemacht, dabei 72 000 Betriebe oder 31 Prozent von allen ein- oder mehrmals aufgesucht. In 28 Prozent der kontrollierten Betriebe haben sie 33 000 Verstöße festgestellt. Knapp 1600 der kontrollierten Betriebe (das sind 2,2 Prozent) hätten aufgrund unhygienischer Zustände sofort geschlossen werden müssen. Das betreffe vor allem Imbissbunden, aber auch Bäcker oder Metzger, „wenige größere Unternehmen“.