Unerschrockene Medien decken in China neuerdings Lebensmittelskandale auf. Betroffen sind ausländische Konzerne wie McDonalds – aber auch immer mehr einheimische Verarbeiter.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Peking - Investigativer Journalismus ist nicht gerade das, was man mit China in Verbindung bringt. Vor allem nicht in diesen Tagen, in denen die Behörden mit einer brandneuen Kampagne im Internet aufwarten. Offiziell richtet die sich gegen Pornografie und das Verbreiten von Gerüchten – tatsächlich ist das Ganze aber eher eine Maßnahme, um unliebsame Berichterstattung zu verhindern. Just in diesem Umfeld wartet der Schanghaier Fernsehsender „Dragon TV“ mit einer investigativen Berichterstattung auf, die auch der deutschen Gallionsfigur in diesem Metier zu Ehre gereichte. Wie Günter Wallraff hat der Sender mit versteckter Kamera Bilder aus einem Fleischbetrieb geliefert, die einem in der Tat jeglichen Appetit verderben. Dank fleißiger Journalisten hat China schon seit Tagen einen gewaltigen Gammelfleischskandal.

 

Investigative Recherchen dieser Art sind durchaus im Sinne der Partei. Gefilmt wurde schließlich beim Ableger eines US-Unternehmens, und die Abnehmer des abgelaufenen, umetikettierten und zum Teil sichtlich verdorbenen Fleisches lesen sich wie das who is who der US-Fastfood-Industrie: McDonalds, Burger King, Kentucky Fried Chicken, Pizza Hut. Das Ganze zieht von Tag zu Tag weitere Kreise. Am Montag gab es in einigen Pekinger McDonalds-Filialen keine Big Macs mehr, am gestrigen Dienstag korrigierte der Ableger der Imbisskette in Japan die Jahresprognose nach unten. Statt aus China wollen die Japaner ihr Fleisch nun aus Brasilien beziehen.

Schon zu Jahresbeginn hatte es ein anderes US-Unternehmen getroffen. In einer Walmart-Filiale wurde Eselsfleisch gefunden, das die DNA von Fuchs enthielt. Für Esel greifen Chinesen in einigen Regionen des Landes gerne tief in die Tasche, für Fuchs weniger. Immerhin: im Zuge der aktuellen Berichterstattung weisen auch die chinesische Experten darauf hin, dass einheimische Unternehmen das gleiche Problem haben wie die Lebensmittelverkäufer aus dem Ausland. Verseuchtes Milchpulver, verdrecktes Mineralwasser oder Schwermetalle im Reis zeugen davon. Und im Internet machen seit Anfang des Monats Bilder die Runde, die Arbeiter in einer südchinesischen Fabrik für Glasnudeln zeigen sollen. Barfuß in den Nudeln stehend – oder auch beim Nickerchen darin liegend.