Auch der Energieversorger EdF hatte keine Beraterbank. Der Bruder von EdF-Chef Proglio steht in Frankreich Morgan Stanley vor.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)
Paris - Landtagsabgeordnete in Stuttgart hatten schon vergangene Woche gefragt, warum die Investmentbank Morgan Stanley – und nicht zum Beispiel regionale Banken – beim Kauf der EnBW-Anteile durch das Bundesland beratend beteiligt gewesen sei. Am Wochenende sind nun erstmals auch in Paris kritische Fragen zu dem 4,7 Milliarden Euro schweren Geschäft aufgetaucht. Wie die Zeitung "Libération" schreibt, "staunen einige Franzosen", dass die Électricité de France (EdF) beim Verkauf ihres 45-prozentigen Anteils keine offizielle Beraterbank einsetzte.Immerhin ging es für den größten Stromkonzern Europas um eine wegweisende strategische Entscheidung.

Eine anonym bleiben wollende Stelle innerhalb der EdF erwiderte auf Anfrage von "Libération", sie habe keine institutionelle Vermittlung in Anspruch genommen, da die Dinge "zu schnell" vonstattengegangen seien; der Rückkauf der Anteile sei in "weniger als zehn Tagen" vonstattengegangen. "Sie (die Stuttgarter Landesregierung, Anm. der Red.) habe mit ihrem Vorschlag an unsere Tür geklopft, und es gab gar keine Notwendigkeit für eine Bankberatung", gibt die anonyme EdF-Stelle zur Auskunft. "Wir verfügten über alle Entscheidungsgrundlagen."

Die EdF hatte schon früher bestätigt, dass der Impuls für den Verkauf aus Stuttgart gekommen sei. Gegenüber "Libération"kommt aus dem französischen Stromkonzern der Hinweis, er habe gegenüber der Landesregierung in Stuttgart darauf gedrungen, dass der Verkauf keinem Parlamentsvorbehalt unterliegt. Aus diesen Angaben geht hervor, dass auch die EdF offenbar eine öffentliche Debatte vermeiden wollte.

Nach wie vor fragt man sich in Paris, warum sich EdF-Chef Henri Proglio überhaupt aus dem deutschen Energiemarkt zurückzieht. Schließlich betont Europas größter Stromkonzern regelmäßig – zuletzt sogar noch beim Verkauf der EnBW-Anteile – , er wolle seine internationale und europäische Präsenz verstärken.

Grüne lehnen Wiedereinstieg bei EnBW ab


Die "Libération" erwähnt einen weiteren Punkt, der in Paris zwar kein Geheimnis ist, beim EnBW-Verkauf aber auch nicht an die große Glocke gehängt wurde: Proglios Zwillingsbruder René ist seit 2009 Chef von Morgan Stanley Frankreich. Zufall oder nicht – der Chef von Morgan Stanley Deutschland, Dirk Notheis, pflegt seinerseits geschäftliche – und als Taufpate auch private – Beziehungen zum deutschen Protagonisten der Milliardentransaktion, Ministerpräsident Stefan Mappus. Dies erklärt möglicherweise zusätzlich die Frage der Zeitung "Libération", warum Proglio keine Vermittlerbank eingesetzt habe. Aber vielleicht wollte der EdF-Chef seinem Unternehmen auch ganz einfach die Beraterhonorare ersparen.

Wie die Nachrichtenagentur dapd berichtet, haben die Grünen in Baden-Württemberg eine Protestmailaktion gegen den Wiedereinstieg des Landes bei der EnBW gestartet. Über die Online-Aktionsplattform "Meine Kampagne" könnten Internetnutzer in einer Protestmail an Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) erklären, dass sie den Wiedereinstieg ablehnen, teilten die Grünen mit.

"Das Geschäft, für das das Land eine Bürgschaft von 5,9 Milliarden Euro aufnehmen musste, missachtet die Rechte des Parlaments, ist wirtschaftlich zweifelhaft und riecht nach Vetterleswirtschaft", heißt es in der E-Mail. Der baden-württembergische Landtag hatte am Mittwoch gegen die Stimmen der Opposition dem Aktienkauf zugestimmt.