Laut einer Studie zur Zufriedenheit der Pädagogen, haben Lehrer Spaß an ihrer Arbeit, fühlen sich aber oft von der Politik allein gelassen. Das Ministerium hält dagegen.

Stuttgart - Lehrer sind hochmotiviert, fühlen sich aber von der Politik zu wenig unterstützt - das ist auf einen Nenner gebracht das Ergebnis einer Studie zur Zufriedenheit der Pädagogen im Südwesten. Laut einer Länderauskopplung einer bundesweiten Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) gehen 90 Prozent der Lehrer gern zur Arbeit, fünf Prozent tun dies nur eher oder sehr ungern. Die Berufswahl begründen 95 Prozent mit der Freude, jungen Menschen Wissen zu vermitteln. Aber die Bedingungen seien so schlecht, dass die Lehrer der grün-roten Landesregierung nur die Durchschnittsnote vier gäben, sagte VBE-Landeschef Gerhard Brand am Montag in Stuttgart. Er und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft verlangten mehr Lehrerstellen beziehungsweise deren Erhalt.

 

Mit der Note vier liegt das Land im Bundesschnitt der Befragten der VBE-Studie. Eine Sprecherin von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) sagte, Unterrichtsqualität und Lehrerzufriedenheit hätten oberste Priorität. Deshalb fördere das Land Fortbildung mit rund 13,5 Millionen Euro in diesem Jahr sowie Lehrergesundheit mit 3 Millionen Euro.

Eltern bei Grundschulempfehlung überfordert

Eine weitere Umfrage des Kinderkleiderhändlers Jako-O, der zufolge Eltern die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung ablehnen, sorgte für Überraschung. Ihn wundere, dass laut einer repräsentativen Untersuchung 60 Prozent der Befragten die Entscheidung über die weiterführende Schule für ihr Kind lieber dem Lehrer überlassen wollten, sagte Brand. Der Landeselternbeirat (LEB) sprach von Verunsicherung der Eltern mangels Informationen, die sie für ihre Entscheidung bräuchten. „Hier muss die Kultusverwaltung dringend nachlegen“, sagte LEB-Chef Carsten Rees.

Brand kritisierte den aus seiner Sicht zu raschen Reformkurs der Landesregierung. „Sie wäre gut beraten gewesen, Gas rauszunehmen.“ Die Lehrer sehnten sich danach, einmal zwei Jahre lang in Ruhe gelassen zu werden. „Es geht eindeutig auf die Knochen der Kollegen, erst die Aufgaben in die Schulen zu delegieren und dann die nötigen Ressourcen zu verweigern“, sagte er mit Blick auf die Integration von Behinderten in die allgemeinen Schulen, die Beschulung von Flüchtlingen und den Aufbau der Gemeinschaftsschulen.

Hohe Ansprüche machen Lehrern zu schaffen

Die meisten Kollegen erfüllten die Anforderungen noch. Daraus dürfe die Politik aber nicht den Schluss ziehen: „Na bitte, es geht doch.“ Zwischen 50 und 60 Arbeitsstunden pro Woche etwa für Lehrer an Gemeinschaftsschulen seien nicht durchzuhalten. Jeder fünfte Befragte habe große Sorgen, den Ansprüchen einmal nicht mehr gewachsen zu sein. Mit dem Alter steige auch die Neigung der Kollegen, jungen Menschen vom Lehrerberuf abzuraten. Von zehn Lehrern ab 50 Jahren würden nur noch sechs die pädagogische Laufbahn empfehlen. Die Studierendenzahlen seien so niedrig, dass Pensionäre und „Nichterfüller“ ohne zweites Staatsexamen oder passende Fächerkombination eingestellt würden.

Die Lücken zwischen den Erwartungen der Lehrer und der Realität ist laut VBE sehr groß: So halten 59 Prozent der Befragten Gesundheitsprävention für unbedingt erforderlich, aber nur 40 Prozent finden diese an ihrer Schule vor. 63 Prozent halten Supervision, also Begleitung und Beratung, für erforderlich, aber nur 29 Prozent profitieren davon. 48 Prozent der Befragten wünschen sich Hilfe beim Zeitmanagement, nur 14 Prozent bekommen sie. Folge: Mehr Lehrer leiden nach Worten Brands unter totaler Erschöpfung, andere werden in die Schulverwaltung versetzt. Der Beruf berge ein großes Suchtpotenzial, aber auch die Gefahr der Selbstausbeutung.

Laut Jako-O-Studie hält eine Mehrheit der Eltern (57 Prozent) die Gemeinschaftsschule für gut, 42 Prozent für falsch. Das gemeinsame Lernen von behinderten und nichtbehinderten Kindern befürworten die Eltern mehrheitlich bei körperbehinderten oder Kindern mit Lernschwierigkeiten. Das gilt aber nicht für das Lernen mit verhaltensauffälligen und geistig behinderten Kindern; da liegen die Zustimmungsquoten nur noch bei je 44 Prozent. Weitere Ergebnisse der Studie: neun von zehn Eltern sind für ein Zentralabitur und 54 Prozent wollen eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium.