Die palästinensische Grundschullehrerin Hanan al-Hroub erzieht Flüchtlingskinder in einem Lager in Bethlehem zur Gewaltfreiheit. Dafür wurde sie als Lehrerin des Jahres ausgezeichnet.

Jerusalem - Die Kinder aus dem Flüchtlingslager Deheischeh in Bethlehem lieben Hanan al-Hroub. Die Eltern auch, weil sich Lernprobleme und aggressives Verhalten ihrer Sprösslinge meist verbessern, wenn sie bei der palästinensischen Grundschullehrerin in die Schule gehen. Jetzt wurde Hanan al-Hroub von der internationalen Jury der Varkey Foundation unter 8000 Kandidaten zur Lehrerin des Jahres gewählt. Eine Auszeichnung, die mit einer Million US-Dollar belohnt wird. Das Preisgeld stammt vom Emir von Katar.

 

Zu den Gratulanten zählten Papst Franziskus und Ex-Präsident Bill Clinton. „Sie macht uns stolz“, bekannte auch Rami Hamdallah, Premier der palästinensischen Autonomieregierung, angesichts der Nachrichten aus Dubai, wo die Preisverleihung am Sonntag stattfand. Sie habe „etwas schier Unmögliches geschafft“, so Hamdallah, „trotz aller Hindernisse angesichts der israelischen Besatzung, mit der jeder Palästinenser konfrontiert ist“. Auch Hanan al-Hroub hat Schlimmes erlebt: Auf dem Heimweg nach Deheischeh waren ihr Mann und die Kinder vor Jahren in einen Schusswechsel geraten. Sehen zu müssen, wie den Vater eine Kugel traf, löste bei den Kindern einen nachhaltigen Schock aus. Al-Hroub begann mit Gruppenspielen zu Hause, lud Nachbarkids dazu ein und erlebte, wie sich negatives Verhalten allmählich besserte. Ermutigt durch diese Fortschritte krempelte sie ihren Unterricht in der Grundschule um.

Die Kinder werden viel zu schnell erwachsen

„Wir spielen und lernen“, heißt auch ihr Buch, das andere Lehrer inspirierte, es ihr nachzutun und mehr auf kindliche Bedürfnisse einzugehen. Sie sei selbst als Flüchtlingskind in einer „Umgebung voller Gewalt“ aufgewachsen, hat al-Hroub erzählt. „Hier bei uns wird ein Kind zu schnell erwachsen.“ Auch wenn nicht jedes schlechte Erfah rungen an Militärcheckpoints oder bei Armeerazzien gemacht habe, so seien solche Gewaltszenen doch im palästinensischen Fernsehen und sozialen Medien allgegenwärtig.

„Wir wollen, dass unsere Kinder ihre Kindheit in Frieden genießen.“ Davon ist die reale Lage im Westjordanland, wo palästinensische Messerangreifer als Märtyrer verehrt und israelische Siedlerattacken gefürchtet werden, weit entfernt. Vermutlich entschied sich die Jury der mit Unesco kooperierenden Varkey Stiftung auch gerade deshalb für eine Lehrerin, die so beherzt „keine Gewalt“ propagiert und als Modellehrerin für Friedenserziehung geehrt wurde. Besonders gut kam ihre Ankündigung an, mit dem Preisgeld Stipendien für Pädagogikstudenten finanzieren zu wollen.