Daimler baut am Fasanenweg in Leinfelden für 2200 Mitarbeiter. Zwei Drittel der Beschäftigten werden wohl mit dem Auto anreisen. Mit gezielten Maßnahmen will der Konzern der Verkehrsbelastung gegensteuern.

Leinfelden - Wie viele Berufspendler vertragen die Straßen von L.-E. noch? Diese Frage stand am Dienstag im Technischen Ausschuss (TA) im Raum. Die Maßnahmen, welche der Konzern Daimler rund um den Fasanenweg plant, um den Verkehrsfluss auch nach 2020 am Laufen zu halten, reichen vielen Stadträten nicht aus. Auch OB Roland Klenk fordert eine Gesamtverkehrsschau – nicht von Daimler freilich, sondern mit vielen Beteiligten.

 

Etwa 2200 Menschen sollen künftig am Fasanenweg in Unteraichen arbeiten, wie Hugo Daiber (Daimler Real Estate) ausführte. Das Unternehmen hat ein 22 000 Quadratmeter großes Grundstück direkt neben dem U-5-Halt „Leinfelden Frank“ gekauft. Drei Gebäude werden dort errichtet; 2020 soll der Bürokomplex fertig sein. Er wird über mehr als 1500 Parkplätze und 400 Fahrradstellplätze verfügen.

Der Autobauer will die Beschäftigten mit Jobtickets, Mitfahr-Apps und anderen Maßnahmen zu einem Umstieg auf alternative Verkehrsmittel motivieren, erklärte Ingo Konrad (Daimler AG). Die Nähe des Geländes zur Schiene war ein ausschlaggebender Punkt für die Ansiedlung. Die E-Mobilität und das Arbeiten im Homeoffice sollen gefördert werden. Dennoch werden wohl zwei Drittel der Beschäftigten mit dem Auto zum Fasanenweg anreisen.

Verkehrsplaner Werner Lenz vom Büro Brenner Bernhard Ingenieure sagte dazu: „Ein Standort dieser Größe erzeugt mehr Verkehr.“ Er geht aber davon aus, dass die zusätzliche Belastung mit zwei Linksabbiegespuren in Richtung Nord-Süd-Straße und Ampeln an der Kreuzung Stuttgarter Straße/Hohenheimer Straße in den Griff zu bekommen ist. Das Büro hat für Daimler ein Verkehrsgutachten erstellt.

Ein Fahrstreifen soll eine neue Richtung bekommen

Am Knotenpunkt Fasanenweg/Maybachstraße, an dem die Autofahrer zur A 8 und auch zur Nord-Süd-Straße gelangen, ist laut Verkehrsplaner Lenz „eine Ummarkierung der Fahrstreifen“ notwendig. Bisher geht es dort zweispurig in Richtung A 8, künftig soll aus einer dieser Spuren eine weitere Linksabbiegespur werden. So könnten mehr Verkehrsteilnehmer auf die Nord-Süd-Straße gelangen, die auch der Zubringer zur A 8 in Richtung Karlsruhe ist. Diese Pläne sind mit dem Regierungspräsidium besprochen.

Einen zweiten kritischen Punkt sieht der Experte am Eck Stuttgarter Straße/Hohenheimer Straße. Dort knickt die Vorfahrt ab. Und hier sei es bereits jetzt für Autofahrer, die vom Fasanenweg kommen, schwierig über die Kreuzung zu gelangen. Lenz schlägt vor, zwei Ampeln aufzustellen. Diese schalten immer dann auf Rot, wenn sich an dem Eck längere Warteschlangen bilden. Jene Autofahrer, die dort normalerweise Vorfahrt haben, müssen warten, bis sich die Schlange abgebaut hat. Ob dies auch so kommt, darüber hat die Stadt noch zu entscheiden.

Beide Maßnahmen hätte aber der Autobauer finanziell zu stemmen. Ob diese tatsächlich die Verkehrsprobleme rund um den Fasanenweg lösen werden, das sehen viele Stadträte kritisch. Ingrid Grischtschenko (Grüne) sagte: „Wenn der Verkehr auf der A 8 fließt, dann ist der neue Standort gut zu erreichen; wenn nicht, dann eben nicht.“ Fraktionskollege Frank Mailänder ergänzte: „ Mit zwei Linksabbiegerspuren in Richtung Nord-Süd-Straße stehen die Leute dann nur etwas schneller im Stau.“

Viele offene Punkte und Beratungsbedarf

Erich Klauser (SPD) forderte die Stadtverwaltung auf, endlich eine Lösung für das Problem an der Stuttgarter Straße/Hohenheimer Straße zu finden. Denn dieses gebe es schon lange. Wie berichtet, hat die Stadt bereits auf der anderen Seite der Bahnlinie die Verkehrsführung geändert. Klauser sieht aber auch in Sachen Knotenpunkt A8/Nord-Süd-Straße dringenden Beratungsbedarf. Ein anderer A-8-Anschluss, ein Parkhaus oder eine Seilbahn: Hierzu gab es schon viele Überlegungen, viele dieser Punkte sind offen. Wolfgang Haug (FDP) kritisierte, dass südlich der Autobahn über eine Optimierung der Nord-Süd-Straße noch nicht nachgedacht wurde.

Oberbürgermeister Roland Klenk erklärte: „Eine Gesamtschau mit der Stadt Stuttgart und der Region ist überfällig.“ Unserer Zeitung sagt er dazu: „Die Ansiedlung von Daimler am Fasanenweg und der Allianz im Vaihinger-Möhringer Synergiepark wird nicht das Ende der gewerblichen Entwicklung sein.“ In L.-E. sind beispielsweise in den Rötlesäckern weitere Gewerbeflächen geplant. Klenk will nun das Gespräch mit dem Regierungspräsidium suchen und rät, dazu auch die Wirtschaftsverbände mit einzubeziehen. Den ÖPNV gelte es weiter zu ertüchtigen. Die Zukunft der U 5 müsse geklärt werden. Denn: „Sie wird immer mehr zur Lebensader.“

Dazu passt, dass Verkehrsplaner Lenz im TA klar machte, dass die großen Verkehrsprobleme der Region nicht durch das Projekt Daimler gelöst werden können. „Hier ist eine Stufe höher gefordert.“