Dieser Fall füllt bei der Stadt Leinfelden-Echterdingen inzwischen eine ganze Akte. Es geht um eine Doppelhaushälfte in Musberg, vor der sich seit Längerem jede Menge Unrat stapelt. Die ehemaligen Besitzer leiden unter dem Zustand.

Leinfelden-Echterdingen - Wer regelmäßig in Musberg an der Sindelfinger Straße 3 in den Bus steigt, der kann das Chaos bestens inspizieren. Alte Rohre, kaputte Kinderwagen, Blumentöpfe, Bretter, Kisten, Türrahmen und jede Menge Erde lagern derzeit auf dem Vorplatz einer Doppelhaushälfte, die selbst ihre besten Jahre hinter sich hat.

 

Auf den ersten Blick könnte man meinen, da hat wohl jemand den Sperrmüllwagen bestellt. Nachbarn sowie Mitarbeiter des städtischen Baurechtsamtes und des Landratsamtes wissen es besser. Der Müllberg wechselt beständig seine Bestandteile. Will heißen: Es wird immer mal wieder etwas von dem Unrat weggebracht, dafür kommt neuer hinzu.

Es ist wenig zu machen wegen des abgelagerten Mülls

Peter Keck, Sprecher des Landkreises und damit auch Sprecher der oberen Müllbehörde, bezeichnet dies als eine „Bereitstellung zur Entsorgung“. Er sagt: „Wir beobachten die Situation genau.“ Abfallrechtlich aber könne man da wenig tun. Denn gegen illegal gelagerten Müll könne man nur dann vorgehen, wenn er dauerhaft liegen bleibe.

Ähnliches sagt auch Michael Bläske, Leiter des Baurechtsamtes der Stadt. „Wir werden das Grundstück nicht aus den Augen verlieren.“ Er und seine Mitarbeiter sind mit den Zuständen bestens vertraut. Sie waren schon oft vor Ort. Der Fall füllt mittlerweile eine ganze Akte.

Von dem Unrat gehe keine Gefahr aus. Von dem Gebäude falle nichts auf die Straße. Da tue man sich schwer, baurechtlich einzuschreiten. Es werde dennoch geprüft, ob man gegen das Abladen des Mülls vorgehen kann.

Anwohner und direkte Nachbarn sind wenig erfreut

Für die Anwohner und direkten Nachbarn ist dies wenig befriedigend. Das sei ein Schandfleck, sagen Annemarie Zahn-Mertens und ihr Bruder Walter Zahn. „Das war unserer Elternhaus“, sagt sie. „Deshalb ist es besonders schwer.“ Ständig werde die Familie auf die Zustände angesprochen.

Zur Erklärung: Fünf Geschwister der Familie Zahn haben sich als Erbengemeinschaft vor Jahren entschlossen, die Doppelhaushälfte zu verkaufen. Sie stand zuvor längere Zeit leer. Ein Gutachterausschuss hatte damals bescheinigt, dass das Gebäude nicht bewohnbar sei. Auch weil die Räume teilweise nicht zu heizen waren. Der Abbruch des Hauses wurde empfohlen. Dementsprechend günstig war der Kaufpreis. Für diesen Zweck aber hat sich laut Zahn-Mertens kein Käufer gefunden.

Deshalb haben die Erben das Gebäude auch für Bastler freigegeben. Eine Frau, die damals in Schönaich wohnte und mittlerweile im Saarland leben soll, zeigte sich interessiert. Der Kaufvertrag wurde im Mai 2011 beim Notar unterzeichnet. Seitdem sind in dem Gebäude immer wieder Handwerker zugange. „Ohne Sinn und Verstand“, wie Annemarie Zahn-Mertens sagt.

Es soll immer wieder Streit gegeben haben

Davon kann Walter Zahn, über 80 Jahre alt und von einer Pflegekraft betreut, ein Lied singen. Der Mann wohnt in der Doppelhaushälfte direkt hinter dem baufälligen Haus. Zunächst soll dort auch ein Kind gewohnt haben– die Tochter der neuen Eigentümerin. Ob allein oder nicht allein ist unklar. Das Mädchen ist jedenfalls in Musberg zur Schule gegangen.

Mit der Mutter des Kindes habe es immer wieder Streit gegeben, berichten Annemarie Zahn-Martens und ihr Bruder. Dabei ging es um die gemeinsame, oft zugeparkte Hofeinfahrt, um die Kehrwoche, um einen provisorischen Entwässerungsschlauch, der auf dem Hof endete und im Winter für eine große Eisfläche sorgte.

Die Stadt ist auch eingeschritten. Wegen einer nur halb abgerissenen Garage hat sie das Regierungspräsidium (RP) eingeschaltet. „Die Garage musste abgebaut werden“, sagt Baurechtsamtsleiter Bläske. In einer anderen Angelegenheit – einem von der Stadt nicht genehmigten Windfang – hat das RP dem Widerspruch der neuen Besitzerin stattgegeben. Mittlerweile steht das Haus leer. „Es wohnt dort niemand mehr. Es wird dort aber immer wieder gearbeitet“, sagt Annemarie Zahn-Mertens.

„Ab und zu sind Arbeiter auf der Baustelle. Dann sind sie wochenlang wieder weg“, sagt auch Bläske. Es sei aber nicht klar, was dort genau passiert. In das Haus könne man nicht hinein. Dazu brauche man die Erlaubnis der Eigentümerin.

Die neue Eigentümerin war nicht zu erreichen

Mit dieser werde ein reger – einseitiger – Schriftverkehr geführt. „Uns wird immer wieder gesagt, da werde nichts gebaut und schon gleich gar nicht ins Tragwerk eingegriffen“, sagt er. Dazu muss man wissen, dass kleinere Umbauten nicht genehmigungspflichtig sind.

Leider war die Eigentümerin vor Redaktionsschluss nicht erreichbar. Die Handynummer, die sie einst bei der Familie Zahn angegeben hat, ist nicht mehr aktuell. Auch die Recherche im Telefonbuch und im Internet ergab keinen Treffer. Auf einer Plattform im Netz taucht zwar eine Frau mit gleichem Namen auf. Sie hat aber kein Haus in Musberg gekauft, wie sie auf Nachfrage sagt. Damit hat sie mit dem Chaos an der Sindelfinger Straße 3 nichts zu tun.