Seit dem 11. Mai gibt es am Stuttgarter Flughafen das neue Busterminal. Dort halten nun fast alle Fernbusse für Fahrten innerhalb Deutschlands und ins Ausland. Ein Besuch.

Leinfelden-Echterdingen - Adrienn Endrödi blickt auf zwei Bildschirme voller Rechtecke. Die meisten sind blau, einige grün und wenige gelb. Jedes Kästchen steht für einen Fernbus und die Frau behält am Mittwoch um 13.30 Uhr in der Betriebsleitzentrale des neuen Stuttgart Airport Busterminals (SAB) den Überblick. „Die grünen Rechtecke stehen für Busse, die da waren, die blauen kommen noch und die gelben sind da“, erklärt die Disponentin. Das gilt etwa für einen Flixbus, den sie vom Fenster aus halten sieht. Und dann gibt es die Monitore an der Wand, auf denen die Bilder der Überwachungskameras zu sehen sind. So sieht sie, welcher Bus vor der Schranke steht und wo Busse halten. „Ich schaue praktisch immer überall hin“, sagt Endrödi. Zuvor hat sie als Eventmanagerin gearbeitet. „Nun ist der SAB mein Event, das ich manage.“

 

Der senkrechte grüne Strich markiert die aktuelle Zeit und rückt immer näher an die blauen Rechtecke, die Busse, die noch kommen. Doch auch in der Vergangenheit sind nicht alle grün. „Der Bus nach Prizren war noch nicht da. Wir haben von ihm nichts gehört“, sagt Endrödi. Die Fahrer sollen sich bei ihr melden und Bescheid sagen, wenn sie spät dran sind. Einige tun das, andere nicht. Je nach Verkehr kommen nicht alle Busse zur vorgesehenen Zeit. Die Herausforderung ist, allen einen Bussteig zuzuweisen.

Im Trockenen warten statt im Freien

Gerade klingelt das Telefon. „Der Bus nach Slavonski Brod in Kroatien ist an Bussteig 8 angekommen.“ Als nächstes rollt der Postbus nach Düsseldorf in den SAB. Dessen Fahrer Orhan Murat hält viel von der neuen Anlage, denn sie hat Toiletten und ist überdacht. „Früher standen die Fahrgäste an der Haltestelle im Regen.“ Bis zum 10. Mai fuhren die Busse vor dem Bosch-Parkhaus an der Messe ab, einem der beiden provisorischen Halte, die nach der Schließung des Busbahnhofs neben dem Hauptbahnhof entstanden waren. Der SAB wird von der Deutschen Touring betrieben, die auch internationale Buslinien anbietet.

Der Busfahrer Murat hat alle Passagiere eingecheckt, das Gepäck verladen und ist bereit zur Abfahrt. Er lässt den Motor an und steuert den langen gelben Bus im Schritttempo aus der Parkbucht.

Planer rechnet mit 1,2 Millionen Busfahrgästen 2016

Dass Murat und die anderen Fahrer nicht rückwärts rangieren müssen, haben sie Rolf Witzemann zu verdanken. Der SAB-Projektleiter hat sich intensiv Gedanken zum SAB gemacht. „Die meisten Busfahrten beginnen oder enden hier nicht, sondern sie sind Durchfahrten. Dadurch, dass die Fahrer nicht rangieren müssen, können sie schneller abgefertigt werden.“ Für ihn ist das SAB ein Baustein des Verkehrs am Airport, wie die Flugzeuge, die S-Bahn, die nahe A 8 und künftig auch Fern- und Regionalzüge und die Stadtbahn. Witzemann rechnet 2016 mit 1,2 Millionen Busfahrgästen und einem Wachstum bis 2030 auf 2,9 Millionen. „Die Zukunft des Busverkehrs sehe ich nicht auf der Strecke Stuttgart-Berlin, obwohl die gut angenommen wird, sondern in Strecken bis 500 Kilometern Länge.“

Auf dem Bussteig, an dem eben noch der Postbus nach Düsseldorf hielt, steht ein Mann mit einer gelben Postbus-Jacke. Nenad Tomic wartet auf den Bus von Montabaur. „Ich habe hier zweieinhalb Stunden Pause gemacht und fahre jetzt wieder zurück nach München“, sagt er. Auch ihm gefällt das neue Terminal. „Das ist eine top Infrastruktur hier.“ Tomic hat sich in den Warteraum gesetzt und dort etwas gegessen und sich entspannt. Denn dort betreibt Suat Altuntas den Kiosk „Snack & Travel“, bei dem viele Proviant kaufen. „Am meisten verkaufen wir Kaffee“, sagt der Inhaber. Ansonsten hat er Zeitschriften, Süßes und Sandwiches im Angebot.

Studentin fährt mit dem Bus nach Hause

Dann biegt der Postbus in die Haltebucht ein. Tomic packt sofort mit an und lädt Gepäck aus und ein. Sophia Lohmüller wartet aufs Einsteigen. Sie studiert Ingenieurwesen in Stuttgart, ihre Familie und Freunde leben in München. Dorthin fährt sie nun. „Ich nehme oft den Bus.“

Zwischen 14 und 16 Uhr ist der größte Betrieb am Busbahnhof. Denn dann fahren viele Busse zu Zielen in Ost- und Südosteuropa ab. Karsten Lenz, der Büroleiter der Deutschen Touring, fertigt einen Bus nach Vinkovci in Kroatien ab. Er und die Busfahrer vergleichen die Liste mit den Namen und die Fahrkarten. Im hinteren Teil des Busses hat es sich Katarina Perkovic gemütlich gemacht. Sie hat Kissen dabei und richtet sich auf eine 16-stündige Fahrt ein. „Wir machen Urlaub“, sagt sie. Auf der anderen Seite des Gangs sitzen ihre Kinder Marko und Lara. „Wir haben unsere iPads dabei“, sagt Lara. Ihre Mutter wird lesen und natürlich werden alle schlafen. Denn der Bus fährt die Nacht durch.

Hektisch wird es nur, als die Sindbad-Busse falsch halten

In der Leitzentrale hat Endrödi Feierabend gemacht und Robin Baumeister den Dienst bis 23 Uhr übernommen. Er hat Tourismusmanagement studiert und lernt nun die Busbranche kennen. Es ist ruhig. Baumeister pflegt Änderungen ein, die Flixbus geschickt hat. Er zieht Bilanz: „Heute war ein perfekter Tag.“ Nur einmal sei es hektisch gewesen, als die Sindbad-Busse nach Polen falsch gehalten haben.

Daten und Fakten zum Stuttgart Airport Busterminal (SAB)

Destinationen
Vom SAB fahren Fernbusse etwa von Flixbus (früher Mein Fernbus Flixbus), Postbus, Dein Bus, Berlinlinienbus, Megabus und One Bus zu Zielen im In- und Ausland. Außerdem bedienen Fernbusse der Deutschen Touring, Eurolines und anderer Gesellschaften vor allem Ziele in Ost- und Südosteuropa.

Das SAB
Seit dem 11. Mai halten Busse am neuen SAB gegenüber des Terminals 4. Von den Bussteigen eins bis drei fahren Busse nach Stuttgart-Plieningen, Esslingen, Reutlingen und Tübingen. An allen weiteren Haltestellen werden Fernbusse abgefertigt. Für Passagiere gibt es Anzeigetafeln, einen Warteraum, Kiosk, Vertriebsbüros, Toiletten und Duschen.

Weitere Haltestellen
Bis zum 9. Juni fahren noch Busse in Zuffenhausen am Provisorium ab. Danach werden sie zum SAB verlegt. Eine Besonderheit ist die Haltestelle am S-Bahnhof Stuttgart-Vaihingen, die in Betrieb bleibt.