Der Landkreis Esslingen verzichtet darauf, an der Leinfeldener Daimlerstraße eine Flüchtlingsunterkunft zu bauen. Das hat jedoch große Folgen für die Stadt Leinfelden-Echterdingen. Der Oberbürgermeister hat nun einen Brief an den Landrat geschrieben.

Leinfelden-Echterdingen - Oberbürgermeister Roland Klenk wählte am Dienstag im Sozialausschuss in Sachen Unterbringung von Flüchtlingen deutliche Worte: „Wir als Musterschüler sind nun doppelt die Gebeutelten.“ Die Große Kreisstadt habe von Anfang an versucht, dem Landkreis gerecht zu werden. Nun aber habe sich dieser mit fünf bis sechs Millionen Euro zulasten der Stadt entschieden.

 

Zur Erklärung: Der Landkreis bekommt immer weniger Asylsuchende zugewiesen. Die Zahlen in der vorläufigen Unterbringung sind im Verlauf des vergangenen Jahres stark zurückgegangen. „Darauf haben wir reagieren müssen“, sagt Pressesprecher Peter Keck. „Wir haben mehr als 2000 Plätze im gesamten Kreisgebiet gestoppt. Und zwar dort, wo sie noch zu stoppen waren.“

Ein Verzicht mit Folgen

Aus diesem Grund verzichtet das Landratsamt nun auch darauf, das von L.-E. angebotene Grundstück an der Leinfelder Daimlerstraße für den Bau einer weiteren Unterkunft zu nutzen. Dort hätten etwa 250 Menschen eine Bleibe auf Zeit erhalten können. Dieser Verzicht hat Folgen für L.-E.: Die Stadt muss im Jahr 2018 deutlich mehr Plätze in der Anschlussunterbringung schaffen als gedacht. Nach aktueller Berechnung gilt es, 128 Menschen zusätzlich unterzubringen. Dabei handelt es sich um Flüchtlinge mit Bleiberecht, für welche die Städte und Gemeinden zuständig sind.

Das hat zum einem damit zu tun, dass die Kommunen angehalten sind, dem Landkreis zu helfen die Asylsuchenden, die er zugewiesen bekommt, unterzubringen. Indem sie ihm beispielsweise städtische Grundstücke dafür anbieten. Dieser einst dringenden Bitte des Landrates Heinz Eininger ist die Verwaltungsspitze von L.-E. auch nachgekommen. Hätte der Landkreis den Standort Daimlerstraße genutzt, hätte die Erfüllungsquote von L.-E. im Jahr 2018 bei 168 Prozent gelegen. Ohne dieses Gelände sinkt sie nun auf 69 Prozent ab. Dies rechnete Peter Löwy, Leiter des Amtes für soziale Dienste im Ausschuss vor.

Das Absinken der Quote wirkt sich zudem auf die Zahl der Plätze aus, welche die Stadt in der Anschlussunterbringung schaffen muss. Denn jeder Platz in der vorläufigen Unterbringung im Stadtgebiet wird von 2018 an mit dem Faktor 0,5 verrechnet. „Damit wollen wir einen Ausgleich schaffen“, sagt Peter Keck dazu. Und: „Zwei Plätze in der vorläufigen Unterbringung entsprechen einem in der Anschlussunterbringung.“ Weil es für die Kommune aufwendiger ist, selbst zu bauen oder eine Immobilie zu finden.

Oberbürgermeister schreibt Brief an Landrat

OB Klenk will sich mit der neuen Berechnung nicht abfinden. Auch das hat er in der Sitzung klar gemacht. Der Rathauschef hat Landrat Eininger einen vierseitigen Brief geschrieben. Eine Antwort steht noch aus. SPD-Stadträtin Barbara Sinner-Bartels sagte dazu: „Die Lasten müssen angemessen verteilt werden.“ Und: „Da muss nicht nur ein Oberbürgermeister einen Brief schreiben, sondern viele.“ CDU-Stadträtin Ilona Koch regte an, dass man doch die Flüchtlingsunterkunft Nödinger Hof in Stetten vom Landkreis übernehmen und zur Anschlussunterbringung umwidmen könnte. Dazu sagte Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell: „Weil der Landkreis an der Daimlerstraße nicht bauen wird, will er den Nödinger Hof weiter behalten.“

Das Containerdorf und die Zelte auf dem Echterdinger Renault-Gelände will das Landratsamt derweil bis Ende dieses Jahres aufgegeben. Klenk will nun auf diesem Areal und damit an der Leinfelder Straße möglichst viele Plätze für Flüchtlinge mit Bleiberecht schaffen. Laut Pressesprecher Keck kann sich der Landkreis gut vorstellen, dass L.-E. sukzessive die Container auf diesem Gelände übernimmt.

Der Trend bei der Stadt geht laut Pressesprecherin Gisela Fechner aber eher dahin, dort richtige Wohncontainer hinzustellen. Das liegt auch daran, dass mittlerweile jedem Zuwanderer ein sieben Quadratmeter großer Wohnraum zur Verfügung gestellt werden muss. Will heißen, die bisherigen Bauten sind für eine Übernahme zu klein.