Das ist pikant: Der muslimische Verein Kultur, Bildung und Integration bietet an der Karlsruher Straße in Echterdingen Räume zur Untermiete an – das ist eigentlich gar nicht erlaubt. Nun kommt es auf die Stadt an, und die äußert sich hier.

Echterdingen - Es ist eine heikle Angelegenheit. Und wie so oft, gibt es auch in diesem Fall mindestens zwei Perspektiven. Da ist zum einen jene des islamischen Vereins Kultur, Bildung und Integration (VKBI). Der Verein hat seinen Sitz an der Karlsruher Straße 15-17 – und damit zwar an der Grenze, aber dennoch im Echterdinger Gewerbegebiet. Mitglieder der muslimischen Gemeinde treffen sich dort, um zu beten. Jugendliche lernen die Grundwerte der islamischen Kultur und der Religion kennen. Und es leben dort auch Menschen.

 

Derzeit sind es 47. „Albaner, Griechen, Türken – ganz normale Leute“, sagt der Vereinsvorsitzende Hasan Matur. Auch zehn anerkannte Flüchtlinge haben dort eine Bleibe gefunden. Der Verein, der selbst Mieter ist, bietet die Räume zur Untermiete an. Er unterhält unter dieser Adresse eine Art Wohnheim – obwohl in Gewerbegebieten eigentlich nicht gewohnt werden darf.

Das Wohnheim besteht aus zwei Häusern, eines wurde in den 1960er Jahren gebaut, eines stammt aus den 1970er Jahren. Die Gebäude machen von außen einen heheruntergekommenen Eindruck. „Von außen sieht das Wohnheim nicht gut aus“, sagt auch Hasan Matur. „Von innen ist es lebbar.“ Und tatsächlich: Der Wohnstandard ist zwar sehr einfach. Den Bewohnern wird kein Luxus geboten. Dennoch sind die Räume sauber. Es gibt weder Müllberge noch Ungeziefer. Manche Räume sind zwölf Quadratmeter, andere 17 Quadratmeter groß. Einige Bewohner haben ein Waschbecken im Zimmer, Toiletten und Duschen sind separat.

An dieser Stelle gab es bereits früher ein Arbeiterwohnheim, weiß Matur zu berichten. „Seit 56 Jahren wohnen dort Leute“, sagt er. Als der Verein vor Jahren den gesamten Komplex als Hauptmieter übernommen hat, hat er auch das Wohnheim übernommen. „Einfach so“, sagt er. Der Vertrag sieht offenbar vor, dass der Verein und nicht der Eigentümer für die Instandhaltung der Gebäude zuständig ist.

Das Wohnheim könnte bald dicht gemacht werden

Nun zur anderen Perspektive – jener der Stadtverwaltung: Deren Spitze überlegt, dem Wohnen an der Karlsruher Straße 15-17 einen Riegel vorzuschieben. Auch wenn genau dies über Jahrzehnte hinweg geduldet wurde. Darüber hat Oberbürgermeister Roland Klenk die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderates vor wenigen Tagen hinter verschlossenen Türen informiert. Will heißen, das Wohnheim könnte bald dicht gemacht werden. „Wir müssen aber auch an die Menschen denken, die dort leben“, sagt der OB unserer Zeitung. Ihnen soll die nötige Zeit gegeben werden, sich ein neues Zuhause zu suchen.

Matur präsentiert unserer Zeitung derweil eine Liste. Darauf stehen die Namen der einzelnen Untermieter und die Höhe des Betrages, welche die Bewohner monatlich zu zahlen haben. Die Beträge beginnen bei 150 Euro und gehen über 400 Euro hinaus. Um die Höhe der Untermiete hat es im Flecken viel Wirbel gegeben. Mehr als 30 Euro pro Quadratmeter wurden für einen Fall ausgerechnet. „Dieser Quadratmeterpreis stimmt nicht“, sagt der Vereinsvorsitzende. Denn: „Das ist ein Paketpreis – unabhängig von der Größe des Zimmers.“ Zudem werden die Nebenkosten bisher nicht extra ausgewiesen. Und diese seien sehr hoch. „Wir haben für beide Gebäude Ausgaben von mehr als 70 000 Euro pro Jahr“, sagt Matur. Zudem müsse für alles, was in dem Wohnheim kaputt geht, der VKBI aufkommen. Gewinn werde mit der Untermiete nicht gemacht. „Die Aus- und Einnahmen des Wohnheimes sind fast gleich.“ Und mit dem Bau der Moschee in Oberaichen habe dies überhaupt nichts zu tun. Dieses Bauvorhaben werde allein durch Spenden muslimischer Gemeindemitglieder und Mitbürger finanziert. Zum Hintergrund: Der Verein sucht seit vielen Jahren eine neue Bleibe und hat gerade mit dem Bau eines Gebets- und Kulturzentrums begonnen (wir berichteten).

Der Verein will die Mietverträge ändern

Nun aber will der Verein seine Mietverträge ändern. „Die Nebenkosten sollen extra aufgeführt werden“, sagt Hasan Matur. Der Preis soll nach der jeweiligen Größe des Zimmers gestaffelt werden. Claudia Moosmann hat sich in ihrer Funktion als Vorsitzende des Vereins Lebenswertes L.-E. dafür eingesetzt.

In einem Gespräch mit dem Vereinsvorsitzenden hat sie vorgeschlagen, den Mietpreis auf unter sechs Euro pro Quadratmeter anzusetzen. Aber auch das Jobcenter soll laut Matur den Verein zu Änderungen aufgefordert haben. Dieses bezahlt die Miete für anerkannte Flüchtlinge.

Brandschutzexperten haben zudem die Gebäude und die Räume unter die Lupe genommen und dem Verein eine Mängelliste vorgelegt. „Das haben wir alles in Ordnung gebracht“, sagt Matur. Der Verein habe beispielsweise Gitter an Fenstern abmontiert, in der Vergangenheit entfernte Brandschutz-Türen wieder eingebaut, Feuermelder in den Zimmern montiert.

Die Schließung droht dennoch. Die eingeforderten Maßnahmen in Sachen Brandschutz haben laut Klenk dem Ganzen nur ein paar Monate Karenzzeit eingeräumt. Noch aber ist es nicht so weit. Der Rathauschef will sich erst rechtlichen Rat einholen. Um, wie er sagt, „sicheren Grund unter die Füße zu bekommen“. Dann will er sich erneut mit den Fraktionen treffen und über das weitere Vorgehen beraten.

Eine Schließung der Gebäude hält Moosmann für falsch. „Alle Bewohner dort wären dann obdachlos“, sagt sie unserer Zeitung. Und die Stadt müsste für diese Menschen dann eine neue Bleibe suchen.