Google will in Frankreich sechzig Millionen Euro zahlen, um ein Gesetz zu verhindern, das dem Leistungsschutzrecht nahe kommt. In Belgien hat der Konzern bereits einen ähnlichen Vergleich geschlossen. Nur die deutschen Verleger beharren auf einem Gesetz zum Leistungsschutzrecht.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Zuerst Belgien, nun Frankreich: Den deutschen Verlegern gehen in Europa die Vorbilder aus, wenn sie von der Suchmaschine Google einen gesetzlich verankerten Obolus für die Weiterverbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten fordern. Google will den französischen Verlegern, wie berichtet, einmalig 60 Millionen Euro zahlen, damit diese ihr Internetangebot ausbauen können. Im Gegenzug hat die französische Regierung die Pläne für ein Gesetz zurückgezogen, das den Suchmaschinenanbieter dazu zwingen sollte, für die Nutzungsrechte zu bezahlen. In Belgien hat Google bereits im Dezember einen Vergleich geschlossen, in dessen Rahmen das US-Unternehmen versprach, die Inhalte der Verlage im Internet besser zugänglich zu machen.

 

Das Nein der deutschen Verleger zu solchen Lösungen kam prompt. Sie pochen weiter auf ein Leistungsschutzgesetz. Eine Einmalzahlung, die jetzt in Frankreich dazu dienen soll, dass die Verleger ihre digitalen Angebote weiterentwickeln könnten, reiche nicht aus, sagte ein Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV): „Eine Lösung wie die jetzt in Frankreich gefundene hat den Nachteil, dass sie sich nur auf einen einzigen Aggregator, nämlich Google, bezieht.“ Da Frankreich die Drohung mit einem Leistungsschutzrecht zurückgenommen habe, hätten die Verlage nun kein Druckmittel gegenüber anderen Anbietern in der Hand. Informationsportale, die sich frei im Netz bedienten, selbst aber Abonnementsgebühren verlangten, seien ein wachsendes Problem, bekräftigten Sprecher des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und des BDZV am Montag.

Lichtblick: Google erkennt Zahlungspflicht grundsätzlich an

Aus Sicht der deutschen Verlage ist ein Lichtblick, dass Google anerkannt habe, dass man Inhalte nicht ungefragt ins Netz stellen könne. Dass mangels eines einheitlichen europäischen Rechtsrahmens die einzelnen Staaten unterschiedliche Wege gingen, sei unvermeidlich, heißt es bei VDZ und BDZV. Über kurz oder lang werde das Urheberrecht aber auf die Brüsseler Agenda kommen. „Zunächst müssen wir aber in Deutschland mit einem Leistungsschutzrecht mit Google auf Augenhöhe kommen“, heißt es bei den Verlegerverbänden. Wie danach einzelne Verleger mit Google oder anderen Anbietern verhandelten, sei eine Frage des Marktes. Die Übereinkunft in Frankreich sei hingegen ein Fall von Staatsinterventionismus.

Hinter dem Übereinkommen steht kein Geringerer als Staatspräsident Francois Hollande. Der lud zur Unterzeichnung samt Fototermin Google-Chef Eric Schmidt in den Élysée-Palast ein – und sprach von einem „Welterereignis“. Google hat mit dem französischen Abkommen ein wichtiges strategisches Ziel erreicht: Frankreich fällt in Europa als möglicher Vorreiter für ein Leistungsschutzrecht erst einmal aus. Der BDZV hatte in Deutschland auf das Vorbild des Nachbarlandes verwiesen, wenn er widerlegen wollte, dass sich Deutschland mit einem Leistungsschutzrecht international isoliere.

Für den Google-Konzern, der im Jahr mehr als sieben Milliarden Euro Gewinn macht, sind die einmalig gezahlten 60 Millionen Euro in Frankreich ein kleiner Betrag. Auch wenn französische Verleger die Hoffnung äußerten, dass der aktuelle Vergleich erst ein Anfang sei, hält man bei den Amerikanern das Thema für erledigt. In Belgien und Frankreich haben sich die Verleger dafür entschieden, lieber mit der mächtigen Suchmaschine zu kooperieren als lange Auseinandersetzungen zu riskieren. In Deutschland ist der Ton gegenüber Google hingegen rau. Zeitungs- und Zeitschriftenverleger bezeichneten etwa Googles Lobbyarbeit gegen ein Leistungsschutzrecht als „üble Propaganda“.

Noch mehr Grundsatzkonflikte zwischen EU und Google

Weitere europäisch-amerikanische Grundsatzkonflikte mit dem Suchmaschinenanbieter stehen an. Brüssel prüft Vorwürfe, ob Google bei seinen Suchergebnissen Wettbewerber wie Microsoft systematisch benachteiligt.Zudem geben sich US-Lobbyisten zurzeit in Brüssel die Klinke in die Hand, um schärfere Datenschutzregeln in der EU zu verhindern, die ebenfalls auf der Agenda von Kommission und Europäischem Parlament stehen. Ob private Daten auch künftig so freizügig etwa für Werbeangebote verwertet werden können wie in den USA üblich, oder ob Europa einen härteren Kurs fährt, ist für Googles Gewinne noch wichtiger als die Frage, was Inhalte kosten. Das Abkommen in Frankreich könnte dort zumindest die Politik erst einmal milde stimmen.