Vor dem Stuttgart 21-Gipfel sind die Rollen verteilt – und die Privatbahnen, dei  Stuttgarter Netz AG  (SNAG), drohen mit Klage.  

Stuttgart - Im Streit um eine Verlängerung des Baustopps für Stuttgart 21 rechnet Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht mit einer schnellen Entscheidung. "Ich glaube, dass es am Freitag zu keinem endgültigen Ergebnis kommen wird, denn die Bahn muss ihre Position erst einmal untermauern - und zwar schriftlich", sagte Kretschmann gestern mit Blick auf eine Sondersitzung des Lenkungskreises. Wie berichtet, treffen sich heute die Spitzen von Bahn, Land, Stadt Stuttgart und Region, um über einen von der grün-roten Landesregierung geforderten Bau- und Vergabestopp bei dem Milliardenprojekt zu verhandeln. "Nach Auffassung der Bahn geht es um zweistellige und bis Herbst sogar um dreistellige Millionenbeträge. So etwas kann man nicht mal irgendwie in einer Sitzung besprechen. Man muss mit Seriosität und Geduld an solche Fragen herangehen", so Kretschmann.

 

Vor der Stuttgart-21-Baustelle beim Hauptbahnhof hat es am Donnerstag derweil erneut eine Sitzblockade von Gegnern des Bahnprojektes gegeben. Die Polizei sprach zunächst von mehr als 150 Teilnehmern, 100 hätten die Einfahrt zum Gelände blockiert, auf dem das Grundwassermanagement entstehen soll. Unter dem Demonstranten seien auch "Unternehmer gegen Stuttgart 21" gewesen, hieß es.

"Wir wollen die Rechtsverhältnisse klären, bevor weitere Tatsachen geschaffen werden"

Unterdessen droht der Bahn AG bei Stuttgart 21 Ungemach auch von anderer Seite. Die Konkurrenten des Konzerns haben die Stuttgarter Netz AG (SNAG) gegründet. Ziel des neuen Bündnisses: der Erhalt des bestehenden Kopfbahnhofs. Die SNAG befürchtet schwere Wettbewerbsnachteile durch das Tunnelprojekt Stuttgart 21 und will daher den Weiterbetrieb einiger oberirdischer Gleise notfalls auch juristisch durchsetzen. Die Bahn könnte die Bahnanlagen dann nicht wie geplant stilllegen, entwidmen und abreißen. Der Staatskonzern geht bisher davon aus, dass die vorliegende Genehmigung zum Bau des Tiefbahnhofs - der so genannte Planfeststellungsbeschluss - den Abbau der oberirdischen Anlagen enthält. Die Privatbahnen bezweifeln das schon länger und sehen sich nun durch ein aktuelles Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages bestätigt, das der Stuttgarter Zeitung vorliegt.

Die Studie des Fachbereichs WD7 von Hans Anton Hilgers kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl die Stilllegung als auch die Entwidmung der oberirdischen Bahnanlagen keineswegs vom Planfeststellungsbeschluss für den Tiefbahnhof erfasst werden - und "in selbstständigen Verwaltungsverfahren zu prüfen" seien. Die NetzAG plant eine Feststellungsklage. "Wir wollen die Rechtsverhältnisse klären, bevor weitere Tatsachen geschaffen werden", so Torsten Sewerin, neuer Verbandschef des Netzwerks Privatbahnen.