Erstmals nimmt Ronald Pofalla als Infrastrukturvorstand der Bahn an einer Lenkungskreissitzung von Stuttgart  21 teil. Das Spitzengremium will Druck machen bei der kreuzungsfreien Anbindung bei Wendlingen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Erstmals hat Ronald Pofalla als Infrastrukturvorstand der Bahn am Lenkungskreis von Stuttgart 21 teilgenommen. Der ehemalige Chef des Bundeskanzleramts teilte nach der Sitzung mit, welchen Stellenwert das Vorhaben innerhalb „der Herkulesaufgabe“ einnimmt, als die er seinen Vorstandsposten empfindet. „S 21 ist nicht das Top-Projekt der Bahn.“ Die Bahn baue derzeit Projekte für 95 Milliarden Euro. Die im Dezember zu eröffnende Strecke zwischen Nürnberg und Erfurt etwa habe zehn Milliarden Euro gekostet und sei damit das teuerste Vorhaben der Bahn. Eine Aussage, die den Stuttgarter OB Fritz Kuhn zur Replik veranlasste: Mit Blick auf die Kosten von S 21 und der Neubaustrecke hoffe er, dass das Projekt in Bayern und Thüringen die Spitzenposition behalte.

 

Bemühungen um den Ausbau der Wendlinger Kurve

Pofalla lobte nach der Premiere das „produktive Klima und den beeindruckenden Tiefgang“ der Sitzung. In der befassten sich die Projektpartner wiederholt mit der Frage, wo nach Abschluss der Arbeiten für Stuttgart 21 weiter in das Streckennetz in der Region investiert werden solle. Vorrangiges Ziel der Projektpartner: Die sogenannte Wendlinger Kurve, die die Neubaustrecke mit dem Ast nach Tübingen verbindet, soll kreuzungsfrei ausgebaut werden. Drei Varianten liegen laut Landesverkehrsminister Winfried Hermann auf dem Tisch: „Nichts tun und schauen, dass man das später hinbekommt, nun die baulichen Voraussetzungen schaffen, um später das Vorhaben zu realisieren, oder es gleich bauen.“ Da aber alleine vorbereitende Arbeiten bis zu 30 Prozent der geschätzten Gesamtkosten in Höhe von bis zu 80 Millionen Euro verursachen würden, wolle er in Kooperation mit Ronald Pofalla prüfen, wie eine Finanzierung zu stemmen sei. Beide brachten die Möglichkeit ins Spiel, der Bundestag könne noch vor der Sommerpause einen Nachtrag zum Bundesverkehrswegeplan beschließen, zu dem die große Lösung in Wendlingen gehören könnte. In diesem Sinne hatte sich zuletzt auch Annette Sawade (SPD), vormals Stadträtin in Stuttgart und heute Bundestagsabgeordnete aus Schwäbisch Hall und Mitglied des Verkehrsausschusses, mehrfach ans Bundesverkehrsministerium gewandt. Eine Verrechnung mit den strittigen Mehrkosten von S 21, bei denen Pofalla zuletzt für eine außergerichtliche Einigung warb, sei nicht möglich, so der Bahnvorstand.

Bahn sieht sich beim Bauen im Anhydrit auf gutem Weg

Im Lenkungskreis ging es nicht nur um Zukünftiges, sondern auch um Gegenwärtiges. So wollten die Projektpartner Auskunft zum Baufortschritt im als schwierig geltenden Anhydrit. Nach Angaben von S-21-Chef Manfred Leger seien knapp drei Viertel der kritischen Passagen gemeistert. Dabei habe es im Bereich des Tunnels aus Feuerbach Hebungen gegeben. Um bis zu 13 Millimeter habe sich die Oberfläche gehoben, die Bewegungen seien aber vor Monaten zum Stillstand gekommen.

Nichts Neues gab es zum Zeitplan. Alle Seiten wiederholten die bekannten Ansagen. Die von der Bahn angekündigte Ausweitung der Arbeitszeit erschöpft sich derzeit in abendlichen Arbeiten am Baustahl. Um die Lärmgrenzen einzuhalten, bleibe in dieser Zeit das Förderband für den Abraum ausgeschaltet. Um die anvisierte Inbetriebnahme im Jahr 2021 zu schaffen, müssten aber nach wie vor bis zu zwei Jahre Verzug aufgeholt werden. Zuversichtlich ist man im Lenkungskreis bei Kosten zwischen 6,3 und 6,7 Milliarden Euro zu landen. 2,2 Milliarden Euro sind bereits ausgegeben. 3,6 Milliarden Euro durch Verträge gebunden.

Die zehn wichtigsten Fakten zu Stuttgart 21 sehen Sie im Video: