Eine Ausstellung beschreibt, wie Greifvögel leben und welchen Gefahren viele Arten ausgesetzt sind. Das Verhältnis zwischen den Menschen und den mäjestätischen Vögeln ist wechselvoll und widersprüchlich.

Lenningen - Wenn Adler, Bussarde oder Weihen hoch droben im blauen Äther ihre Kreise ziehen, ist das ein majestätischer Anblick. Zwar sind die Greifvögel, die jetzt im Naturschutzzentrum Schopflocher Alb zu sehen sind, nur ausgestopft. Dennoch spiegelt die Ausstellung „Flugkünstler mit scharfem Blick“ die von den Tieren ausgehende Faszination wider. Und sie erklärt, welchen Bedrohungen die Herrscher der Lüfte ausgesetzt sind.

 

Aus Greifvögeln werden „Raubvögel“, die verfolgt werden

„Greifvögel sprechen uns mehr an als irgendeine andere Vogelgruppe. Ihre fantastische Flugleistung, die überragende Sehkraft und ihre ungestüme Stärke begeistert die Menschen bereits seit Urzeiten.“ So beginnt die vom Naturschutzzentrum Eriskirch (Bodenseekreis) ausgeliehene Wanderausstellung. Allerdings, so erfährt der Besucher, änderte sich die Einstellung der Menschen in Europa gegen Ende des 18. Jahrhunderts grundlegend. „Jetzt waren es ,Raubvögel‘, die mit Pulver, Blei und Gift gnadenlos verfolgt wurden.“

Jäger sahen die Vögel als Konkurrenten bei der Niederwildjagd, Legenden über Kinder raubende Adler taten ein übriges, um das vormals positive Image ins Gegenteil zu kehren. Den gefiederten Gesellen ging es so sehr an den Kragen, dass um das Jahr 1900 viele Arten ausgerottet oder extrem dezimiert waren.

Ein Bünde von Schutzmaßnahmen zeigt Wirkung

Nach dem Zweiten Weltkrieg drohte den stolzen Tieren eine zusätzliche Gefahr. Vogelkundler in Europa und den USA stellten fest, dass die Bestände von einigen Arten wie Weißkopfseeadler und Wanderfalke drastisch zurückgegangen waren. Schließlich wurde man fündig. Das in der Landwirtschaft eingesetzte Pflanzenschutzmittel DDT war dafür verantwortlich, dass Eier dünnschalig wurden und zerbrachen – mit fatalen Folgen für die Brut.

„Haarscharf am Abgrund und Rettung in letzter Minute“ – unter dieser Überschrift beschreibt die Ausstellung die Wende am Beispiel der Wanderfalken. Im Jahr 1965 wurde in Baden-Württemberg die Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz (AWG) im Nabu gegründet. Ein Ganzes Bündel von Maßnahmen – Überwachung der Bruten, Ausweisung von Ruhezonen, konsequentes Vorgehen gegen die illegale Verfolgung – zeigte im Verbund mit dem Verbot von Umweltgiften Wirkung.

Uhus breiten sich auf Kosten von Falken aus

Vor 40 Jahren lebte nur noch in Baden-Württemberg und am Alpenrand ein Bestand von maximal 50 Paaren. Heute sind es im Südwesten wieder etwa 280 Wanderfalkenpaare. Zahlen gibt es auch auf Kreisebene. Laut Jürgen Becht, dem geschäftsführenden Vorstand der AWG, sind es im Landkreis Esslingen derzeit zwölf Wanderfalkenpaare. Insgesamt zwölf Jungvögel seien in diesem Jahr ausgeflogen. Beim Uhu haben die Vogelschützer ebenfalls zwölf Revierpaare gezählt. Hier seien sieben Junge ausgeflogen, allerdings könnte es eine Dunkelziffer geben, so Jürgen Becht, da der Uhu im Verborgenen lebe.

Die Population der Wanderfalken sei rückläufig. So seien vor wenigen Jahren noch an die 30 ausgeflogene Jungvögel registriert worden. Gleichzeitig steige die Zahl der Uhus. Beide Entwicklungen haben laut Jürgen Becht einen direkten Zusammenhang. Denn der Uhu ist ein unmittelbarer Fressfeind der Falken und beide Arten konkurrieren um Horstplätze. Es ist davon auszugehen, dass sich die Falkenpopulation auf einem niedrigeren Niveau einpendelt. Zu Bussard, Turmfalke oder Rotmilan hat die Arbeitsgemeinschaft übrigens keine Zahlen parat.

Wie viele Mäuse braucht eine Bussard-Familie täglich?

Zurück zur Ausstellung: vom 140 Gramm leichten Sperber bis zum zehn Kilogramm schweren Mönchsgeier – die Bandbreite der Greifvögel ist beachtlich. Entsprechend unterschiedlich sind die Jagdtechniken und die Beutetiere der Jäger. Vom nur Fische oder Vögel jagenden Spezialisten bis hin zum Allesfresser reicht die Palette. Turmfalken und Mäusebussarden ist ihre Flexibilität gemeinsam. Weil reichlich vorhanden, haben es diese Arten mit ihren scharfen Augen meistens auf Feldmäuse abgesehen, aber auch andere Beutetiere stehen auf dem Speiseplan. Während der Falke im Rüttelflug Ausschau hält, jagt der Bussard gern von einem Ansitz aus.

„Ratet mal: Wie viele Mäuse muss eine Bussard-Familie mit drei Jungvögeln am Tag fressen, um satt zu werden?“ Diese Frage stellt der interaktive Teil der Ausstellung unter anderem. Die Antwort wird an dieser Stelle nicht verraten, sondern muss im Naturschutzzentrum mittels einer Waage selbst herausgefunden werden. Nur so viel: drei Mäuse reichen nicht.