Der Lenninger Rathauschef Michael Schlecht hat mit der Fußballnationalmannschaft der Bürgermeister das Reich der Mitte besucht. Den sportlichen, kulturellen und politischen Austausch hat der bekannte Trainer Klaus Schlappner möglich gemacht.

Lenningen/Peking - Wann hat ein Bürgermeister einer 8000-Einwohner-Gemeinde schon die Gelegenheit für eine berufliche Stippvisite in China? Eher selten, denn auf kommunaler Ebene gehört der Austausch mit Kollegen in der Volksrepublik nicht unbedingt zum Alltagsgeschäft. Es sei denn, man ist Schultes und gleichzeitig ein mehr als passabler Fußballspieler. Das trifft auf Michael Schlecht zu, den Rathauschef der Gemeinde Lenningen. Er versteht es, so versiert mit dem Ball umzugehen, dass er ein etabliertes Mitglied der deutschen Nationalmannschaft der Bürgermeister ist. Mit dieser war er im März neun Tage lang zum politischen, kulturellen und sportlichen Austausch im Reich der Mitte. Möglich gemacht haben das die guten Beziehungen des Teammanagers Rolf Reinhard zu Klaus „Schlappi“ Schlappner, dem ehemaligen Bundesligatrainer und von 1992 bis 1995 Coach der chinesischen Nationalmannschaft.

 

Sportlich gesehen war die Bilanz für die kickenden Bürgermeister ausgeglichen. Nach drei Spielen gegen verschiedene Auswahlen in der ehemaligen deutschen Kolonialstadt Qingdao und in der Hauptstadt Peking standen am Ende ein 2:0-Sieg, ein 2:2-Unentschieden und eine 0:2-Niederlage. Wobei die Gastgeber von Spiel zu Spiel immer noch jüngere Teams – gerne verstärkt mit durchtrainierten Sportlehrern – aufgeboten hätten, berichtet Schlecht. Da sei die Verwaltungself angesichts der englischen Woche mit drei Partien in fünf Tagen und einem Durchschnittsalter von 50 Jahren mitunter an ihre konditionellen Grenzen gestoßen. Gültig für das Wirtschaftswachstum wie auch für den sportlichen Wettstreit sei eben die folgende Einschätzung Schlappners durchaus zutreffend: „Der Chinese möchte am Schluss nicht auf der Strecke bleiben – und er wird es auch nicht.“

Ein Stadtteil für 60 000 Menschen

Das habe auch der Sino-German Ecopark Qingdao verdeutlicht, ein riesiges Gewerbegebiet, das von Deutschland mit unterstützt wird und die Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder intensivieren soll. Unter anderem unterstützt der FC Bayern München dort eine Fußballschule, in der chinesische Kinder und Jugendliche professionell ausgebildet werden sollen.

Auch wenn es schon allein wegen der Sprachbarriere schwierig gewesen sei, direkte Kontakte zu den Einheimischen zu knüpfen, „haben wir Dinge mitgekriegt, die man zunächst nicht glauben kann“, erzählt Michael Schlecht. Etwa, dass es möglich ist, innerhalb kurzer Zeit einen Stadtteil für 60 000 Menschen im Ecopark zu realisieren. „Für Lenningen ist das kein Thema“, sagt der Bürgermeister und lacht. Aber bei dem rasanten Wachstum der chinesischen Städte, könne es vorkommen, dass ein ehemals am Rand gebautes Kohlekraftwerk plötzlich mittendrin sei.

Mit den Dolmetschern seien auch kritische Themen wie Umweltverschmutzung, Meinungsfreiheit, der Umgang mit Dissidenten oder Produktpiraterie angesprochen worden. Das treibe den linientreuen Chinesen nicht weiter um, „er denkt es sich mitunter schöner, als es tatsächlich ist“, sagt Schlecht, der dennoch zugibt, „in Teilen ein falsches Bild von diesem Land“ gehabt zu haben. Denn es seien neben dem Besuch der Chinesischen Mauer, oder des Vogelnest genannten Olympiastadions von 2008 durchaus auch nichttouristische Einblicke gewährt worden. Etwa bei einem Besuch zweier Schulen und einer großen, nach dem deutschen Reinheitsgebot produzierenden Brauerei. Es habe sich zudem einmal mehr gezeigt, dass der Fußball trotz Verständigungsproblemen stets seine verbindende Wirkung entfalte. „Er führt die Leute zusammen, und es ist ein gutes Gefühl, einfach nur beieinander zu sitzen.“

Spende unterstützt karitative Arbeit

Wie bei ihren Auslandsbesuchen üblich, sind die Rathauschefs nicht mit leeren Händen angereist. Mit ihrer Spende von 2500 Euro unterstützen sie die Entwicklung karitativer Arbeit in einem Stadtbezirk in Qingdao. Diese Zuwendung werde ebenso wenig aus öffentlichen Mitteln gespeist wie der Aufenthalt selbst. Denn die Reisekosten tragen die Teilnehmer selbst, und für die englische Woche in China haben Deutschlands beste Fußball-Bürgermeister Urlaubstage geopfert.