Die TSG will regelmäßig Bewegungsnachmittage für junge Flüchtlinge anbieten. Zum Auftakt gibt es ein Fest.

Leonberg - Daphne macht eine Rolle vorwärts. Dann sieht sie den Jungen neben sich an und nickt. Auch er macht einen Purzelbaum, nur etwas unbeholfener. Daphne Weimer ist Sozialpraktikantin bei der TSG Leonberg. Der Junge kommt aus Syrien und spricht noch kein Deutsch.

 

„Vorzeigen, nachmachen, das funktioniert“, sagt die 13-Jährige. Sie besucht seit Kurzem die Friedrich-Schiller-Schule in Böblingen, hat davor aber in Leonberg gewohnt und macht das Pflichtpraktikum für alle Achtklässler nun gemeinsam mit ihrer besten Freundin.

Die TSG-Halle ist gefüllt mit Kinderlachen. Mehr als ein Dutzend Kinder tollt über die Matten, spielt Tischtennis oder Badminton. Auch einige Mütter sind dabei. Die Übungsleiterinnen der Turnabteilung stehen bereit, auch zwei Fußballtrainer, die Damen der TSG-Breitensportabteilung haben zuvor alle mit Kuchen verköstigt.

„Dieses kleine Sportfest ist der Auftakt für unser Flüchtlingsprojekt“, erklärt Katrin Kessoudis, die Vorstandsassistentin der TSG. Sie hat federführend mit der stellvertretenden Vorsitzenden Michaela Feller das Projekt auf die Beine gestellt.

Künftig soll für die Flüchtlingskinder aus den Unterkünften am Krankenhaus ein bis zwei Mal in der Woche Sport angeboten werden. „Wir wollten erst einmal sehen, wer da kommt, wie alt die Kinder sind und so weiter. Jetzt werden wir das Angebot konkret anpassen“, erläutert Kessoudis. Die Sozialpraktikanten seien dann unter anderem dafür zuständig, die Geflüchteten aus den Unterkünften abzuholen und zu Fuß zum TSG-Gelände zu begleiten.

Dort helfen sie dann beim Sportangebot und begleiten die Kinder anschließend wieder zurück. 18 Schüler haben sich bisher dafür gemeldet, einige davon selbst mit Migrationshintergrund. Tsega Yonas freut sich auf das Spielen mit den Kleinkindern. Alessia Gioia ist durch ein Video ihres Lieblingsrappers Majoe auf das Thema Flüchtlinge aufmerksam geworden. „Ich wusste vorher nichts darüber. Aber er hat sich um Flüchtlinge gekümmert und ein Video drüber gedreht“, erzählt die 14-Jährige. Das weckte in ihr den Wunsch, zu helfen.

Die anderen Sozialpraktikanten sagen Ähnliches über ihre Beweggründe. Bisher war das Thema Flüchtlinge für viele abstrakt und weit weg. Doch das Interesse und Engagement nehmen zu. „Ich bekomme fast täglich neue Anfragen“, erzählt die Vorstandsassistentin, während sie Wasserflaschen an die Sportler auf dem Fußballplatz verteilt.

Bei dem schönen Wetter ist das Interesse am Freiluft-Kicken besonders groß. „Eigentlich sollte die Veranstaltung nur für Kinder sein. Aber einige ältere Jugendliche und junge Erwachsene haben gefragt, ob sie mitkommen und Fußball spielen dürfen“, sagt Ingrid Heuser.

Sie ist im Netzwerk Gartenstadt, das sich um die Asylbewerber am Krankenhaus kümmert, die Kontaktperson zur TSG. Über das Netzwerk ist die Initiative ins Rollen gekommen. „Wir haben uns um zwei Jungen gekümmert, die Fußball spielen wollten. Die sind jetzt hier bei der TSG in Jugendmannschaften“, berichtet Heuser.

Die Spielfreude ist den vorwiegend Jungen deutlich anzumerken. Ob aus Syrien, vom Balkan oder aus Afrika: beim Kicken sprechen alle die gleiche Sprache.

„Die Verständigung ist überhaupt kein Problem. Und auch menschlich klappt das gut“, sagt Mustafa Uslu. Der 15-Jährige besucht die Gerhart-Hauptmann-Realschule und wollte für sein Praktikum „mal etwas Neues probieren“. Er selbst spielt in der B2-Jugend der Stuttgarter Kickers.

„Viele haben wirklich Talent. Es ist schade, dass sie es nicht ausschöpfen können, dass es weggeschmissen wird“, meint er mit Blick auf die Flucht-Biografien der neuen Mitspieler. So wie bei einem 16 Jahre alten Syrer, der seine Heimat verließ, weil er zum Militärdienst eingezogen werden sollte.

Beim Jonglieren oder beim Turnen können die Kinder das alles für eine kurze Zeit vergessen. Ob sie sich später in bestehende Gruppen und Mannschaften integrieren lassen, wird sich zeigen müssen.