Die Stadtverwaltung geht präventiv gegen die Kastanienminiermotte und die Raupen des Eichenprozessionsspinner vor. Behandelt werden Bäume an öffentlich zugänglichen Plätzen. Die eingesetzten Mittel sind für Mensch und Tier ungefährlich.

Leonberg - Die Sonnenstrahlen brechen sich in dem feinen Nebel unter der großen Kastanie am Hirschbrunnen an der Grabenstraße und bilden einen Regenbogen. Mit einer Motorspritze auf dem Rücken bläst Thomas Jung ein Mittel in die riesige Krone des stattlichen Baumes.

 

„Eine Überprüfung hat gezeigt, dass die Kastanienbäume auch in diesem Jahr von der Kastanienminiermotte befallen sind“, sagt Holger Pullwitt. Der ist im Tiefbauamt für rund 10 000 innerstädtische Bäume zuständig. Daher wurde die im Mainhardt ansässige Spezialfirma von Thomas Jung beauftragt, die Pflege der Kastanie am Hirschbrunnen und die von weiteren drei stattlichen Exemplaren in der Rutesheimer Straße zu übernehmen.

Rosskastanien sind vom Balkan andere Böden gewöhnt

„Rosskastanien kommen aus den tiefen Schluchten des Balkans, wo es kühl und feucht ist und der Baum nur wenige Stunden Sonnenlicht bekommt. Dort ist der Boden locker und mit Schotter durchdrungen“, erläutert Jung. Hierzulande seien die Bedingungen ganz anders – schwere, lehmige Böden mit Staunässe, viel Sonnenschein mit hoher Ultraviolett-Einstrahlung und häufig extrem trockene Zeiten. Das schwäche den Baum und mache ihn anfällig gegen die Miniermotte. Deren Raupe hat hierzulande kaum Fressfeinde.

Jetzt kommt Jung mit seinem Pflanzenstärkungsmittel ins Spiel. „Wir fahren in der Behandlung zweigleisig“, sagt der Fachmann. Ein Spezialpräparat auf bio-dynamischer Basis wird in den Boden eingebracht, um diesen zu revitalisieren. Das stärkt den Baum und fördert sein Wachstum.

„Das zweite Präparat ist gezielt gegen die Motte gerichtet, die die Eier legt, aus denen die Raupen schlüpfen“, sagt Jung. Dazu wird von der Miniermotte befallenes Laub gesammelt und verbrannt. Die Asche wird einem Präparat zugegeben, das in die Krone versprüht wird. „Es hat sich gezeigt, dass Bäume, in denen sie verbrannte Überreste von Artgenossen antreffen, von den Motten gemieden werden“, erklärt Jung die Wirkung. „Wir machen ihnen sozusagen den Baum madig und den Lebensraum unattraktiv“, so der Baumexperte. Die Bäume werden dreimal behandelt. Den Zeitpunkt errechnet Jung nach den Mondphasen. Die Anthroposophen lassen grüßen.

„Diese vier stadtbildprägenden Kastanien behandeln wir seit zehn Jahren nach dieser Methode und der Baum am Hirschbrunnen, der in einem schlechten Zustand war, hat besonders gut darauf reagiert“, sagt Pullwitt zufrieden. Der hatte in Sachen Schädlingsbekämpfung am gestrigen Dienstag noch eine zweite Baustelle offen – den Spritzeinsatz gegen die Raupen des Eichenprozessionnspinners.

Bazillus lässt die Raupen absterben

Überall, wo in der Stadt Eichen stehen, wurde am Montag mit einer Hochleistungsspritze von einer Spezialfirma aus Ostelsheim ein Mittel in die Kronen gesprüht. Das enthält einen Bazillus, der die Raupen absterben lässt. Das muss vor dem dritten Entwicklungsstadium geschen, bevor sie die für Menschen gefährlichen Haare bilden. Gespritzt wurde in Höfingen beim neuen Friedhof und am Waldeck, in Gebersheim bei der Käppelhütte, in Warmbronn bei der Schule und am Open Air-Gelände. Auch in der Feinau, ferner im Bereich der Waldkindergärten, am Waldfriedhof, im Stadtpark, an der Post war der Trupp im Einsatz. „Überall, wo in der Stadt Eichenbäume stehen, nehmen wir diese präventive Behandlung vor“, sagt Pullwitt.

Das sei nicht nur effektiv, sondern auch kostengünstig, denn seit gezielt vorgegangen werde, habe es keinen starken Befall mehr gegeben. „Wenn von der Feuerwehr ein Raupennest entfernt werden muss, was sehr aufwendig ist, kostet es jedes Mal rund 400 Euro, die ganze Spritzaktion aber nur etwa 1900 Euro“, rechnet Pullwitt vor.