Vor 88 Jahren hat Gustav Krämer einen kleinen Krämerladen in Gebersheim eröffnet, den die Familie immer wieder vergrößert hat. Nachdem er ihn mit Ehefrau Irmgard 34 Jahre geführt hat, verpachtet ihn Enkel Martin Epple nun weiter.

Leonberg - Eine Ära geht zu Ende, aber es gibt eine Fortsetzung. Nach 88 Jahren in Familienbesitz geht die Nahversorgung der Gebersheimer in andere Hände über. Nach 34 Jahren unter ihrer Regie übergeben Martin und Irmgard Epple zum 1. November ihren „Frischemarkt“ in der Dorfmitte an Jörg Meissner.

 

Dieser wird das Geschäft, umfirmiert in „Gebers Landmarkt“ als Pächter weiter betreiben. „Weil wir im gesamten Umland von großen ,Edekanern’ umgeben sind, soll mit dem Landmarkt ein anderes Konzept verwirklicht werden, denn der wird von einem anderen Großhändler beliefert und hebt sich so vom Sortiment ab“, erläutert Epple seine Entscheidung. Denn einen Nahversorger zu finden, dem die rund 400 Quadratmeter Verkaufsfläche ausreichen, sei nicht leicht gewesen. Doch ganz auf die Gespräche mit den Epples müssen die Gebersheimer nicht verzichten. Wenn notwendig, werden sie auch weiterhin stundenweise mit Rat und Tat vor Ort sein. Denn dass die 80-Stunden-Woche plötzlich Vergangenheit sein soll, kann sich Martin Epple, der in allen Vereinen im Ort Mitglied ist, 36 Jahre bei der Feuerwehr gewirkt hat, im Internationalen Rat der Stadt , im örtlichen Museumsverein aktiv ist und heute 65 wird, noch gar nicht so richtig vorstellen.

Schafft der Laden die 100 Jahre?

„Für eine andere Nutzung der Räumlichkeiten haben viele Interessenten vorgesprochen, doch als Kommunalpolitiker, der sich seit 1975 als Ortschaftsrat und Gemeinderat für eine starke lokale Infrastruktur einsetzt, zu der auch eine Nahversorgung gehört, die ihrem Namen gerecht wird, war es mir wichtig, dass die Gebersheimer weiterhin im Ortskern einkaufen können“, sagt Martin Epple. In die Entscheidung mit einbezogen wurden auch die acht Mitarbeiter, die alle übernommen werden und in deren Beisein der Pachtvertrag unterzeichnet wurde. „Jetzt hoffen wir, dass die Tradition fortgeführt wird und mindestens die 100 Jahre eigener Laden in der Ortsmitte erreicht werden“, sagt Epple.

Angefangen hat alles 1928, als Großvater Gustav Krämer in seinem Haus in der Hauptstraße 3 (heute Alte Dorfstraße 8-10) einen kleinen Krämerladen einrichtete, in dem es auf kleinstem Raum fast alles für den täglichen Gebrauch gab. In dem Laden schaffte auch Martin Epples Mutter Else. Sie stammte aus Dinkelsbühl und hatte in Leonberg bei Kaufmann Wendel (heute Ziegler in der Altstadt) gelernt. Ihre Ehe mit dem Sohn des Hauses dauerte nicht lange, denn Alfred Krämer fiel im Krieg.

Martin Epples Kindheit im Laden

Die Witwe heiratete daraufhin Gottlob Epple, der in Leonberg Flaschnermeister bei Hermann Soller senior war. Für sie wurde Gottlob Epple zum Kaufmann. Martin Epple war gerade drei Jahre alt, da eröffneten seine Eltern 1954 in der Dobelstraße 1 das damals modernste Bedienungsgeschäft und das Gasthaus Brunnenstüble dazu. Im Laden hat Vater Gottlob zudem auch noch die Filiale der Kreissparkasse betrieben.

„Es gab nichts Vergleichbares in der Gegend, als meine Eltern 1969 am alten Standort in der Alten Dorfstraße auf zwei Etagen einen Selbstbedienungsladen eröffnet haben mit sonstigen Waren im Erdgeschoss und Lebensmitteln im Obergeschoss“, erinnert sich Martin Epple, der praktisch im Laden groß geworden ist und selbst seit mehr als 50 Jahren in der Branche tätig ist. Denn von 1965 an hat er seine kaufmännische Lehre bei Feinkost Böhm in der Calwer Straße in Stuttgart gemacht.

„Wie dann 1969 das Geschäft fertig war, meinte der Vater, jetzt sei es Zeit, hier einzusteigen“, sagt Martin Epple im Rückblick. Auch Ehefrau Irmgard steht schon seit 1971 hinter der Ladentheke. Das elterlichen Geschäft übernahmen Martin und Irmgard Epple 1982. Das wurde mehrere Male umgebaut, aber es erwies sich immer wieder als zu klein.

Riskante Investitionen

Als Anfang der 90er Jahre ein landwirtschaftliches Anwesen in der Ortsmitte abgerissen und 1996 der „Bärenhof“ errichtet wurde, stieg Martin Epple ein. Hier sollte die Möglichkeit geboten werden, in der Ortsmitte zu wohnen und einzukaufen. „Ohne unsere Investition wäre das Projekt nicht verwirklicht worden“, betont er.

„Es war eine riskante Investition, denn mit dem Geld hätte ich auf der grünen Wiese größer bauen können, doch das wollte ich nicht, denn Gebersheim soll mehr als nur eine Schlafgemeinde sein.“ Und so war es für Epple vor 20 Jahren auch selbstverständlich, als einer der Ersten die Postagentur im Laden zu integrieren, bevor sie ganz aus dem Ort verschwand. Obwohl es für ein inhabergeführtes Geschäft sehr schwer sei, lange Öffnungszeiten anzubieten.

Doch ganz ohne einen Kaufmann Epple bleibt Gebersheim nicht, denn Sohn Matthias Epple gründete 1990 ein Geschäft für Sportlernahrung. 2007 benannte er es in The Fitness Store um und eröffnete in der Alten Dorfstraße 8- 10 sein jetziges Ladengeschäft mit Studio.