Die Sozialeinrichtung Atrio hat Wohnhäuser aus den 90er Jahren für Menschen mit Behinderung auf heutige Standards umgebaut.

Leonberg - Eine Zeitenwende findet gegenwärtig bei Atrio Leonberg statt. Gebäude die vor rund 25 Jahren neu nach allen gültigen Anforderungen gebaut wurden, sind inzwischen nicht mehr zeitgemäß und müssen nun grundlegend saniert und aufwendig umgebaut werden. So geschehen mit dem Haus 2 der Wohnanlage in der Ulmer Straße 29/31, das jüngst neu bezogen wurde.

 

„Damals herrschten andere Vorstellungen und auch andere gesetzliche Vorgaben“, macht Gerd Winkler, der Vorsitzende des Aufsichtsrates von Atrio deutlich. Der Vorgänger des Hauses wurde im Jahr 1991 von 24 Menschen mit Behinderung bezogen.

Damals nicht barrierefrei

„Das Konzept ging seinerzeit von kooperierenden Wohngruppen mit vier bis sechs Bewohnern aus, die räumlich aneinander grenzten“, erläutert Maria Keller, die Leiterin für Projekte und Sprecherin von Atrio. Dabei spricht sie aus eigener Erfahrung. Von 1981 bis 2013 war Maria Keller die Leiterin des Bereiches Wohnen. Im haus gab es zwei Paarwohnungen. Zusätzlich dazu hatte man einen großen Gemeinschafstraum, Verwaltungsräume, zwei Mitarbeiter-Appartements und sechs Mitarbeiterwohnungen. Die Einzelzimmer waren mit Nasszelle 15 Quadratmeter groß und nicht einmal barrierefrei. „Die meisten Bewohner waren jung, da war das Thema nicht akut“, erinnert sich die Atrio-Sprecherin

Das entspricht nicht mehr der 2009 in Kraft getreten Landesheimbauverordnung. Die muss bis 2019 umgesetzt werden. Doch so einfach ist das nicht. „Der früheste Zeitpunkt für den Beginn des Umbaus war 2016, denn die Fördergelder aus 1991 hatten 25 Jahre Zweckbindung“, erklärt Keller.

Für Menschen mit Mehrfachbehinderung

Bis zum Um- und Neubau wohnten hier 32 Menschen mit Behinderung und vier Mieter. Außerdem hatte die Seniorengruppe hier ihren Platz. Eine Chance den Umbau zu starten, sei der 2015 fertig gestellte Neubau an der Neuen Ramtelstraße gewesen, der zeitlich zum Ausweichquartier wurde, weiß man bei Atrio. Dieses Haus ist allerdings für Menschen bestimmt, die einen höheren Unterstützungsbedarf unter anderem wegen Autismus, Demenz oder Mehrfachbehinderung haben.

Aus den ehemaligen Zimmern des Hauses 2 wurden nun für zehn Personen im betreuten Wohnen Appartements mit eigener Küchenzeile. Für zehn Menschen im stationären Wohnen wurden große Zimmer, mit einer Fläche von bis zu 24 Quadratmetern geschaffen.

Heute leben in dem Haus 33 Personen. Zwei Familien-Wohnungen sind belegt und auch die benachbarte Senioren-Residenz hat drei Zwei-Zimmer-Wohnungen belegt. Hausleiterin ist Anne Monjoie.

„Man kann fast schon von Mehrgenerationenwohnen, auf jeden Fall von eine Vielfaltsgemeinschaft sprechen“, meint Gerd Winkler, der Vorsitzende des Aufsichtsrates. Die älteste Bewohnerin ist 61 Jahre alt, die jüngste am 1. April geboren. Die älteste Nutzerin des Seniorenbereiches ist 84 Jahre alt. Denn im neu gebaute Bereich des Hauses ist auch die Tagesbetreuung für Senioren aus der Neuen Ramtelstraße sowie aus Höfingen und Eltingen eingezogen.

Finanzieller Kraftakt

Für Atrio war der Um- und Neubau ein finanzieller Kraftakt. Die Gesamtbaukosten betragen 5,3 Millionen Euro. Auf stationäres und betreutes Wohnen entfallen jeweils 1,2 Millionen Euro Kosten. Für die Seniorenbetreuung wurde 600 000 Euro ausgegeben, für Mietwohnungen 1,6 Millionen Euro, für Verwaltungsräume 700 000 Euro. Dem stehen Zuschüsse in Höhe von 480 000 Euro entgegen. Den Rest hat Atrio über Eigenmittel und Darlehen finanziert.

Die nächste Baustelle wartet schon. Das 1983 gebaute Haus an der Ulmer Straße 37 wird saniert. Dort soll dann die Lebenshilfe einziehen, die jetzt im Atrio-Haus logiert