Ein Renninger steht wegen Bedrohung, Diebstahl und Polizistenbeleidigung vor Gericht. Verurteilt wird er zu einer Bewährungsstrafe. Der Sachverständigen zufolge ist der 45-jährige Mann nicht psychisch krank.

Leonberg - In ihrer Laufbahn habe sie schon vieles erlebt. „Aber einen Angeklagten wie diesen noch nicht“, sagte die Vorsitzende Amtsrichterin Sandra De Falco am Ende der Verhandlung gegen einen 45 Jahre alten Mann aus Renningen. Dieser war ihr während des Prozesses am Leonberger Amtsgericht ständig ins Wort gefallen und hatte sie sogar beschimpft. Nachdem die Verhängung von Verwarnungsgeldern nicht gefruchtet hatte, setzte die Richterin den Störenfried schließlich vor die Tür. Folglich waren die Verfahrensbeteiligten zumindest mit Blick auf einen geordneten Ablauf alles andere als unglücklich darüber, dass der Angeklagte am zweiten Prozesstag nicht erschienen war.

 

Immer Herr seiner Sinne?

Wegen Bedrohung, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Diebstahl und versuchten Diebstahl mit Waffen verurteilte ihn die Richterin zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, setzte diese aber zur Bewährung aus. „Ich kann bei dem Angeklagten zwar keine positive Sozialprognose feststellen, aber ich habe die Hoffnung, dass er nicht mehr straffällig wird, wenn man ihm zeigt, dass er sich bewähren muss“, erklärte die Richterin Sandra De Falco das Urteil gegen den bislang nicht vorbestraften Mann. Außerdem stellte sie den Renninger unter Aufsicht eines Bewährungshelfers. Als weitere Auflage muss er 100 Arbeitsstunden ableisten.

Bei der Frage nach dem richtigen Strafmaß für den 45-Jährigen tat sich die Richterin schwer. Obwohl vieles darauf deutete, dass der Mann psychisch krank war, gab das psychologische Gutachten der Sache eine Wendung. Die Sachverständige schloss eine seelische Störung des Mannes nämlich aus, womit eine Einweisung in die Psychiatrie nicht in Frage kam. „Er ist ein Soziopath, der ein Fixpunkt im Universum sein will“, befand diese. Aber: „Er war bei den Taten immer Herr seiner Sinne.“

Hinter den Aggressionen vermutete die Psychologin die Empörung des Mannes über einen richterlichen Einwilligungsvorbehalt, den er als „Entmündigung“ empfinde. „Damit lässt sich auch seine ablehnende Haltung gegenüber staatlichen Organen erklären“, konstatierte die Ärztin. Die Rechtmäßigkeit jener Anordnung zweifelte sie aber beiläufig an.

Polizisten als Trottel beschimpft

Aus diesem Grund war der Bezieher einer Erwerbsminderungsrente auch mit seinem gesetzlichen Betreuer aneinander geraten – dieser ist mit dessen vermögensrechtlichen Angelegenheiten betraut. Am Ende drohte er in einer E-Mail, dass er ihn umbringen werde, was ihm eine Anzeige einbrachte. Und nachdem er bei einem Discounter Lebensmittel mitgehen ließ – damals hatte er auch zwei Küchenmesser in seinem Stoffbeutel – forderte er das Personal auf, die Rechnung an jenen Richter zu schicken, der den Einwilligungsvorbehalt angeordnet hatte. Als die Polizei angerückt war, kratzte er auch noch einem Beamten im Gesicht. Verurteilt wurde er aber auch, weil er Mitarbeitern des Amtsgerichts Hagen per Mail damit gedroht hatte, sie „kalt zu machen“, und er hatte Polizeibeamte als „Trottel“ und „Nazischweine“ beschimpft.

Der gelernte Bäcker, der kurzzeitig in der Psychiatrie untergebracht war, hatte sich bei seiner gerichtlichen Vernehmung als Opfer gesehen. „Ich werde immer als Bösewicht dargestellt, aber ich bin der liebste Mensch, den es gibt“, hatte er auf der Anklagebank erklärt. Der Oberstaatsanwalt hatte für den Mann eine einjährige Bewährungsstrafe gefordert und neben einem Bewährungshelfer auch 120 Arbeitsstunden. Der Pflichtverteidiger hatte sich seinen Ausführungen angeschlossen – mit ihm hatte der Angeklagte im Laufe des Verfahrens kein Wort gewechselt.

Dass der in einer Sozialeinrichtung lebende Mann zum ersten, aber nicht zum letzten Mal vor Gericht stand, dessen war sich die psychologische Sachverständige sicher: „Er wird auch in der Zukunft Polizei und Staatsanwaltschaft beschäftigen“, prophezeite sie.