Es geht um Teamgeist, Fairness, Arbeitstempo und Motivation bei diesem Wettbewerb. In Zweierteams, bestehend aus Jugendlichen des Hauses, Hausvätern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, musste beispielsweise ein Baumstamm zersägt werden.

Leonberg - Es geht um Teamgeist, Fairness, Arbeitstempo und Motivation bei diesem Wettbewerb. In Zweierteams, bestehend aus Jugendlichen des Hauses, Hausvätern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, musste beispielsweise gemeinsam ein Baumstamm zersägt werden. Hier kam Volksfeststimmung unter den Besuchern auf, und alle drei Teams wurden lautstark angefeuert: Im Siegerteam der Polizeipräsident der Landespolizeidirektion Stuttgart, Christian Nill, und Steffen Hofmann, Hausvater des Seehauses, der neben drei leiblichen Kindern in sieben Jahren Seehaus bereits 40 Teilzeitsöhne als Hausvater und Ausbilder in der Schreinerwerkstatt betreut hat. Für Polizeipräsident Nill ist es „ein richtiges und gutes Modell. Man muss die Jungs bei ihrer Verantwortung packen und ihnen andererseits Vertrauen entgegenbringen.“ Man dürfe dabei zwar keinen 100-prozentigen Erfolg erwarten. „Aber die Quote ist deutlich besser als im klassischen Vollzug.“ Von den Seehaus-Jungs würden nur rund 25 Prozent rückfällig, im klassischen Vollzug seien es 50 Prozent.

 

Unterstützt wird das Projekt auch von Langstreckenläufer und Olympiasieger Dieter Baumann, der sich stark für jugendliche Straftäter engagiert und der auch schon mal seine Runden hinter Gittern dreht – oder wie im Seehaus beim Wettbewerb mitsägt. „Ich habe mir schon alle Jugendstrafvollzugsanstalten in Deutschland angeschaut und freue mich, dass das Seehaus-Projekt so gut gelungen ist.“ Sport habe für den Jugendstrafvollzug und die soziale Eingliederung der Gefangenen eine erhebliche Bedeutung. Das sehen auch die Verantwortlichen des Seehauses so. Der kaufmännische Leiter Dr. Robert Heim bringt es auf den Punkt. „Viele Jugendliche bewerben sich hier, um ihre Chance zu suchen“, sagt er, „wenn sie aber hören, dass sie morgens früh um viertel vor sechs schon Sport machen müssen, nur drei Raucherpausen am Tag erlaubt sind und es auf den Zimmern keinen Fernseher gibt, dann überlegen es sich doch einige nochmals.“

Auch Politikprominenz ist vor Ort

Dass der Tag der offenen Tür bei der Bevölkerung auf so viel Resonanz stößt, freut besonders auch den Landtagsabgeordneten der Grünen und Fraktionsvorsitzenden der GABL im Leonberger Gemeinderat, Dr. Bernd Murschel. Gemeinsam mit einem Seehaus-Jugendlichen stand er an der Säge. „Ich habe im Leonberger Gemeinderat das Projekt von Anfang an unterstützt“, so Murschel. Es habe zu der Zeit viele Ängste in der Bevölkerung gegeben. „Wie sich gezeigt hat, waren diese unbegründet, das Projekt ist bei den Bürgern sehr beliebt.“

Mehr als 100 Jugendliche haben mittlerweile Zeit im Seehaus verbracht. Sie tauschen den geschlossenen Vollzug gegen Wohngemeinschaften, in denen auch die Betreuer mit ihren Kindern wohnen. Viele erfahren so erstmals ein intaktes Familienleben. Gleichzeitig erwartet sie ein durchstrukturierter Arbeitsalltag, zu dem neben der Ausbildung und Arbeit auch Hausputz, Sport und gemeinnützige Arbeit gehören.