Von der Arbeit in Leonberg ist Justizminister Rainer Stickelberger überzeugt . Eine Missionierung sieht er indes nicht. Der Minister glaubt nicht, dass im Seehaus jemand gegen seinen Willen zu irgendetwas gezwungen wird.

Jugendstrafvollzug Von der Arbeit in Leonberg ist Justizminister Rainer Stickelberger überzeugt . Eine Missionierung sieht er indes nicht. Von Bartek Langer

Leonberg – Der Minister glaubt nicht, dass im Seehaus jemand gegen seinen Willen zu irgendetwas gezwungen wird.

Welche Bedeutung messen Sie dem Jugendstrafvollzug Seehaus bei? -
Das Seehaus ist eine wichtige Einrichtung. Statt eines klassischen geschlossenen Vollzugs gibt es hier eine Orientierung, die sehr von Freiheit und Resozialisierung geprägt ist. Und die Erfolge geben uns Recht. Wir schaffen es, Jugendliche in ein straffreies Leben zu bringen. -
Sollte es mehr Einrichtungen nach dem Vorbild des Seehauses geben?
Dazu brauchen wir natürlich auch Träger. Nicht zu vergessen sind auch die Jugendlichen, die dafür in Frage kommen. Deren Gemeinschaftsfähigkeit und Sozialverhalten muss erst einmal erprobt werden. Daher wird es immer nur eine kleine Zahl von Jugendlichen sein. Wenn wir mehr Plätze hätten, wäre das wünschenswert.
Wie sehen Sie die Zukunft der Einrichtung?
Ich glaube, das Modell ist ein Stück weit die Zukunft. Schließlich sind wir darauf angewiesen, dass junge Straftäter möglichst bald wieder den Weg in die Gesellschaft zurück finden. Und der Brückenbau, der sich hier vollzieht, ist eine gute Maßnahme, damit die Jugendlichen später nicht mehr rückfällig werden und stattdessen eine Lehre fortführen, die sie hier begonnen haben. Hier bekommen sie wichtige Impulse, die sie erkennen lassen, dass ihr Leben lebenswert ist. Doch Rückfälle wird es immer geben.
Das Seehaus ist Mitglied einer internationalen Organisation namens „Prison Fellowship”, die wegen ihrer missionarischen Arbeit nicht unumstritten ist. Wie ordnen Sie in diesem Zusammenhang die christliche Ausrichtung des Seehauses ein?
Ich sehe keine Missionierung im Seehaus. Was ich sehe, ist eine wertorientierte Arbeit an Jugendlichen, die in einen strukturierten Alltag gebracht werden sollen. Ich glaube nicht, dass hier jemand gegen seinen Willen zu irgendetwas gezwungen wird – zumal sich die Jugendlichen freiwillig für den Aufenthalt im Seehaus entscheiden. Sie haben ganz andere Sorgen als die religiöse Ausrichtung.