Auf dem historischen Höfinger Rathaus steht ein kleiner Turm mit einer Glocke. Das Gebälk ist inzwischen morsch und wird nun saniert.

Leonberg - Der Höfinger Ortsvorsteherin Bärbel Sauer im wahrsten Sinne des Wortes aufs Dache steigen gegenwärtig die Handwerker. Deren Aufgabe ist es, den Glockenturm am Alten Rathaus zu sanieren. Das dauert voraussichtlich etwa vier Wochen und kostet rund 20 000 Euro.

 

Da das Gebäude denkmalgeschützt ist, wurde ein Zimmererunternehmen beauftragt, das Erfahrung damit hat, Gebäude denkmalgerecht zu sanieren. Das Gebälk des Glockenturms ist morsch, denn der Zahn der Zeit und Wind und Wetter haben ihm gehörig zugesetzt.

Doch der Turm beherbergt auch eine Glocke. Doch wozu wurde die gebraucht, denn kaum ein Höfinger hat in den vergangenen Jahrzehnten ihr Läuten gehört? Die Stadtarchivarin Bernadette Gramm hat herausgefunden, dass beim jährlichen Rug-Gericht (unter dem Vorsitz des Oberamtsmanns) die Glocke geläutet wurde, um die Bürger und Einwohner zusammenzurufen. „Rug“ steht für „Rüge“. Dabei versammelten sich die Männer, sie meldeten, was im Ort nicht in Ordnung war, beschwerten sich über die Obrigkeit, erstatteten Anzeige gegen Missetäter und die jungen Männer legten den Eid auf den Landesvater ab.

Bei Feuer läutete die Kirchenglocke

Auch bei anderen Gelegenheiten, wenn es etwas zu verkünden gab, könnte die Glocke geläutet haben. „Bei Feueralarm wurde die Kirchenglocke geläutet, nicht wie in Leonberg die Rathausglocke“, sagt Gramm. Die Version aus dem Höfinger Heimatbuch von 1986, dass dies ein „Büttelglöckchen“ gewesen sei, mit dem der Schultheiß den für Ordnung und Disziplin zuständigen Schütz herbeirufen konnte, sei laut der Archivarin nicht belegt.

Die heutige Glocke stammt aus dem Jahr 1981. Am 15. Oktober um 17.30 Uhr haben die Feuerwehrmänner sie im Türmchen angebracht. Die Initiative war vom Heimatverein gekommen, der das historische Rathaus übernommen und unter anderem ein Heimatmuseum eingerichtet hatte. Das Geld kam von den Höfinger Ortschaftsräten und Gemeinderäten von den Freien Wählern. Sie hatten ihre Sitzungsgelder für die Anschaffung einer Glocke gespendet.

2306,17 Mark für 48,5 Kilogramm Glocke

Über die Vorgängerglocke, die im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen wurde, hat die Stadtarchivarin herausgefunden, dass sie von 1920 stammte. Dafür sind im Sachbuch von Höfingen aus dem Jahr 1920 Ausgaben an die Glockengießerei Heinrich Kurz in Stuttgart vermerkt. Kurz bekam am 1. Dezember für eine Glocke im Durchmesser von 44 Zentimetern, die 48,5 Kilogramm schwer war, 43 Mark pro Kilogramm, samt Nebenkosten insgesamt 2306,17 Mark.

„Was mit deren Vorgänger passiert ist, ist nicht klar“, sagt Gramm. In einem Gemeinderatsprotokoll vom 23. Februar 1918 steht darüber. „Von den bürgerlichen Kollegien wird beschlossen: aus der Einnahme für die Rathausglocke von 198 Mark wird ein Fond für die Neubeschaffung einer Rathausglocke gebildet und dem jährlich fünf Prozent Zins zugeschlagen.“

Rundumsanierung des alten Höfinger Rathauses

Die Sanierung des Glockenturms ist der letzte Schritt eines Gesamtpaketes für das Gebäude, das Höfingen 1593 als Rathaus erworben hat: „Eine Behausung und Hofraitin (Bauernhof), so zum Rathaus gebraucht wird.“ Gleichzeitig wurde ein Keller unter der Kurfißscheune gekauft, um Akten feuersicher zu lagern. Besitzer Jörk Funk und seine Erben wurden verpflichtet, den Keller auch zu erhalten, wenn sie die Scheune später mal abreißen. Obwohl diese 420 Jahre alte Vereinbarung schon lange nicht mehr gilt, ist man ihr in der Gegenwart nachgekommen: Den alten, denkmalgeschützten Keller gibt es immer noch.

Vor zwei Jahren wurde die Fassade des Rathauses saniert. Auch hier hatte das Wetter das Holz und den Putz stark angegriffen, ein Holzwurm sich eingenistet. Im vergangenen Jahr stand die Sanierung der Innenräume auf der Tagesordnung. Maler haben die Räume und die Fenster gestrichen.