Ein 52-jähriger Vater streitet die Vorwürfe ab und wittert eine Intrige gegen sich. Die vermeintlichen Taten liegen bereits zum Teil 20 Jahre zurück.

Leonberg - Mit den Worten „Papa weiß, was Spaß macht“ soll ein Familienvater seiner damals siebenjährigen Tochter den Slip ausgezogen und sie dann unsittlich im Intimbereich berührt haben. Davon geht zumindest die Staatsanwaltschaft aus, die dem 52-Jährigen vorwirft, das älteste seiner drei Kinder über mehrere Jahre hinweg sexuell missbraucht zu haben – darunter auch in Leonberg, wo die Familie anfangs lebte. Beim Verhandlungsauftakt am Stuttgarter Landgericht streitet der Angeklagte die Vorwürfe ab und spricht von einer Intrige.

 

Die Staatsanwaltschaft geht von insgesamt neun Fällen des sexuellen Missbrauchs an der heute 26-Jährigen aus, die sich in den Jahren 1994 bis 2005 zugetragen haben sollen. Demnach soll der Angeklagte das Mädchen erstmals im Alter von vier Jahren beim Duschen unsittlich im Intimbereich berührt haben. Nach dem Umzug der Familie von Leonberg nach Sinsheim im Jahr 1997 nahmen die Übergriffe des Vaters zu.

Auch Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung steht im Raum

Dabei soll dieser das Mädchen auch mit Alkopops abgefüllt haben, um sich dann – nachdem sie eingeschlafen war – an ihr zu vergehen. Als Vorwand dazu soll er schon mal das Feiern einer guten Schulnote benutzt haben. Neben dem sexuellen Missbrauch droht ihm auch eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Laut Anklage soll der Vater drei brennende Zigaretten auf dem Arm seiner Tochter ausgedrückt haben, als er diese beim Rauchen erwischt hatte.

Der 52 Jahre alte Mann schüttelt bereits bei der Verlesung der Anklageschrift durch die Staatsanwältin immer wieder ungläubig den Kopf. Später bei seiner Vernehmung weist er dann die Vorwürfe zurück: „Alles falsch!“, sagt der Ingenieur und erklärt, dass seine Tochter auch schon im jungen Alter darauf bestanden habe, alleine zu duschen – und wenn nicht, dann habe dies seine Frau übernommen.

Alkohol habe er niemals gemeinsam mit seiner Tochter getrunken, ganz zu schweigen von Alkopops, die er übrigens schon allein wegen seiner Diabetes-Erkrankung nicht konsumieren dürfe. Die drei Wunden an ihrem Arm seien ihm durchaus nicht entgangen. Doch dem 52-Jährigen zufolge habe sie sich diese „im Rahmen einer Mutprobe“ innerhalb ihrer Clique zugezogen.

„Welches Motiv vermuten Sie denn hinter den Beschuldigungen Ihrer Tochter?“, möchte der Richter wissen, bevor der Mann von einer Intrige spricht. Demnach geht er davon aus, dass die Tochter von seiner Ex-Frau nur dafür benutzt werde, um ein Kontaktverbot zu seiner jüngsten Tochter zu erreichen.

Zwischen den Eheleuten hatte es früher nämlich eine familiengerichtliche Auseinandersetzung um das Umgangsrecht mit der Elfjährigen gegeben. Und als sich der Sinsheimer seinerzeit an das Jugendamt gewandt habe, habe ihn seine Ex-Frau erstmals mit dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs konfrontiert, diesen allerdings nicht weiter konkretisiert.

Außerdem berichtet der 52-Jährige: „Meine Tochter hatte auch schon einen Bekannten und ihren Stiefvater des sexuellen Missbrauchs bezichtigt.“ Und dies offenbar völlig grundlos. Außerdem habe die Polizei schon mal wegen Vortäuschen einer Straftat gegen die heute 26-Jährige ermittelt.

Der Angeklagte schreibt seiner Tochter vor Gericht eine „breit gefächerte Fantasie“ zu. Demnach habe sie ihm gegenüber auch bekundet, dass sie gemeinsam mit ihrem damaligen Freund Swinger-Clubs besuchen wolle. Nicht zuletzt habe er ganz zufällig auf einem USB-Stick Videos entdeckt, die seine Tochter beim Geschlechtsverkehr mit ihrem Freund und auch mit einem fremden Mann gezeigt hätten.

Angeklagter: Harmonische Vater-Tochter-Beziehung

Rückblickend spricht der Angeklagte von einer „harmonischen Vater-Tochter-Beziehung“. Weil sich die junge Frau nach der Scheidung ihrer Eltern nicht mit ihrem Stiefvater verstanden habe, sei sie vorübergehend bei ihm, also ihrem leiblichen Vater, und seiner Lebensgefährtin eingezogen. Mehrmals habe er ihr auch finanziell unter die Arme gegriffen.

„Ständig stand der Gerichtsvollzieher vor der Tür“, erzählt der Angeklagte, der eigener Aussage nach auch die Miete für die Wohnung seiner Tochter während ihrer Ausbildung übernommen habe. Dem Gericht vorgelegte Dankeskarten legen nahe, dass sie die väterliche Fürsorge durchaus zu schätzen wusste. Als sie aber davon Wind bekommen habe, dass er seine Lebensgefährtin heiraten wolle, sei es zum Bruch zwischen ihnen gekommen.

Beim Verhandlungsauftakt kommt auch die heute 26 Jahre alte Tochter zu Wort, die in der Verhandlung als Nebenklägerin auftritt. Bei ihrer Vernehmung schließt der Vorsitzende Richter auf Antrag der Nebenklage die Öffentlichkeit aus Gründen der Privatsphäre aus. Der Prozess vor der 16. Großen Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts wird fortgesetzt.