Eine Skulptur von Ingrid Dahn im Atrium des Gebäudes begrüßt jetzt die Besucher.

Leonberg - Noch erschließt sich der diskrete Charme des Neuen Rathauses in Leonberg dem Besucher nicht sofort: Der Busfahrer weiß nicht, ob er das Rathaus anfährt, man gelangt über eine Baustelle an den Eingang – aber ein schlichtes „Sesam, öffne dich!“ genügt, die Tür geht von Zauberhand auf.

 

Ein Wow-Effekt der besonderen Art: Der Besucher steht in einem großzügigen weißen Atrium, lichte Höhe schätzungsweise 15 Meter – offen, hell, einladend!

Im Treppenhaus verteilt sind Kunstwerke aus den Beständen der Stadt: Malerei und Skulpturen. Dazu ist jetzt ein ganz neu Erworbenes gekommen, das von Oberbürgermeister Bernhard Schuler in Anwesenheit der Künstlerin sowie Kulturamtsleiterin Christina Ossowski offiziell aufgestellt worden ist: „Nach vorn“ (1987) von Ingrid Dahn.

Lange Bildhauertradition

„Es war der Stadt Leonberg wichtig, die auf eine lange Tradition der Bildhauerei zurückblicken kann“, so führt Rathauschef Bernhard Schuler aus, „dass eine Künstlerin von Rang aus Leonberg im Neuen Rathaus vertreten ist.“

Ingrid Dahn, Jahrgang 1939, die als Kunstpädagogin am Robert-Bosch-Gymnasium Gerlingen tätig war, arbeitet schon lange im Bereich Skulptur, malt aber auch. Ihr Kunstwerk, eine abstrakte schreitende Figur, vereint Plexiglas und Aluminium. Die Frage nach dem Menschen, die conditio humana, und seine existenziellen Probleme heute, treibt die Künstlerin um. Ihr Credo: „Der Mensch ist Träger geistiger Räume unterschiedlicher Konzentration. Er ist Sender und Empfänger.“

Auf ihrer Suche nach Wegen zur Umsetzung dieser Idee in Kunst findet sie die adäquate Entsprechung in der geometrischen Figur der „Parabel“, einer Form, die nach oben offen ist – bis ins Unendliche.

Etwas davon ist auch in dieser Skulptur im Neuen Rathaus: Ein Körper, ein „Paraboloid“, oben luzide und durchsichtig sich öffnend. Beim Gehen um die Skulptur ergeben sich Lichteffekte und neue Perspektiven in der Innenarchitektur des Rathauses.

Aus- und Durchblicke

Der Platz im ersten Stock ist von der Künstlerin zusammen mit Christina Ossowski bewusst gewählt worden: Eine kleine Plaza mit Aus- und Durchblicken, nach oben weit geöffnet und wie gemacht für ein signifikantes Kunstwerk.

Den Einwand, dass es hier zur Wohngeld- und Rentenstelle gehe und Bürger, die hier vorbeikommen, sich vielleicht in dieser Kunst nicht wiederfinden, lässt die Künstlerin Dahl nicht gelten. Auch nicht explizit gesellschaftlich engagierte Kunst könne eine Offenheit inspirieren.

Bernhard Schuler betont, dass man gerade in einer internationaler und globaler werdenden Gesellschaft fragen müsse, womit sich eine Stadt identifiziere. Die Kunst könne hier Wege und Räume öffnen, wie man in der Kooperation von Ingenieuren, Informatikern und Künstlern im Bosch-Zentrum Renningen sehe. Der menschliche Kopf als Träger geistiger Räume – „man kann in der Skulptur auch einfach ,einen hellen Kopf’ sehen.“

Angesichts der immer noch Umzugskisten schleppenden Mitarbeiter, die gerade versuchen, ein bisschen Ordnung an ihrem neuen Arbeitsplatz zu etablieren, bleibt also zu hoffen, dass möglichst viele Leonberger Bürger als „helle Köpfe“ das Neue Rat-Haus wieder verlassen.