Über eine lange wie anstrengende Ausfahrt über Felder und durch Wälder, die so manche Überraschung birgt – am Ende aber allen großen Spaß macht.

Leonberg - Ist man im Strohgäu unterwegs, so weiß man sehr schnell, woher dieser Landstrich seinen Namen hat. Felder allüberall. Hier ist wirklich Stroh zu Hause.

 

Doch die naheliegende Schlussfolgerung, dass diese beeindruckende Agrarlandschaft eher flach ist, erweist sich als trügerisch. Auf und ab geht es auf der Strecke zwischen Ditzingen, Münchingen, Schwieberdingen, Hemmingen und Heimerdingen, bevor bei Gebersheim wieder Leonberger Territorium erreicht wird.

Dabei hatten Wolfgang Röckle und Peter Gänzle im Vorfeld versprochen, diesmal werde es nicht ganz so steil. Die beiden Radfans, die alljährlich für die Tour de Natur neue Wege erkunden, hatten vor zwölf Monaten, zum 25. Geburtstag der Tour, einen heftigen Rundkurs zusammengestellt, der den Radlern in der Weil der Städter Hügellandschaft einiges abverlangte.

Doch auch diesmal lässt allein schon die Länge der großen Strecke vermuten, dass es abermals nicht ganz so locker wird. Mit 42 Kilometern ist das Duo Gänzle/Röckle auf Marathon-Kurs gegangen. Selbst die sogenannte kleine Strecke ist mit knapp 29 Kilometern umfangreicher als sonst.

Das Wetter hält

Was die Fahrradgemeinde in und um Leonberg nicht abschreckt. Gut 800 Menschen versammeln sich am Sonntagvormittag zum Start am Leo-Center, obwohl der Wetterbericht Regengüsse nicht gänzlich ausgeschlossen hat. Aber das Glück ist mit dem Tüchtigen. So lugt sogar die Sonne leicht hervor, als die Chefs der beiden Veranstalter, Centermanager Klaus-Peter Regler und LKZ-Geschäftsführer Uwe Reichert, den Startschuss geben.

Der Himmel wird die weiteren Stunden klar bleiben. Sogar bei der Hocketse können die wackeren Radler ihr Bier, ihre Steaks und Maultaschen, die wie immer von den Fußballern des TSV Eltingen gereicht werden, im Trockenen genießen.

Traditionell sind bei der Tour Politiker dabei. Für den Grünen-Stadtrat Sebastian Werbke ist die Teilnahme Ehrensache, ist er doch Motor der Agenda-Radl-Gruppe. Auch der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid ist häufig mit dem Rad unterwegs. Klaus Brenner, sein Kollege aus dem Baudezernat, hat es zwar mehr mit dem Laufen, doch zur Tour schwingt er sich regelmäßig aufs Rad.

Stammgäste sind auch Christa Weiß und Rüdiger Beising von der Leonberger SPD, genau wie Wolfgang Schaal, Georg Pfeiffer und Jutta Metz von den Freien Wählern. Deren Mann Werner wäre auch sehr gerne mitgefahren, doch leider ist ein morgendlicher Reparaturversuch seines Rades derart fehlgeschlagen, dass das Gefährt des Kardiologen und Kreisrats nicht einsatzfähig ist. Und die Ersatzräder, die der Rutesheimer Radhändler Dirk Grimm mitgebracht hatte, sind schon weg.

Doch selbst ohne medizinischen Beistand verläuft die große Ausfahrt ohne Zwischenfälle. Wenngleich die Wegführung bisweilen etwas, wie es neudeutsch heißt, „tricky“ ist. Insbesondere wenn sich die Leonberger Lokalmatadore auf fremdes Terrain begeben. „Ich wäre ohne die anderen völlig aufgeschmissen“, verrät Klaus Brenner dem mitradelnden Lokalredakteur, als beide im Vorbeifahren die Schönheiten von Schwieberdingen bestaunen, wo sie selten sind. Der Mann von der Zeitung kommentiert das Geständnis des Bürgermeisters mit einem gönnerhaften Lächeln. Das würde ihm nicht passieren.

Nur eine Viertelstunde später fragt sich der ortskundige Schreiber, wo denn bloß die anderen geblieben sind. Und die kleinen blau-grünen Wegweiser sind auch verschwunden. Dafür sieht er ein anderes Schild: „Vaihingen/Enz 7 Kilometer“. Nebendran ist auf einmal die Bundesstraße 10.

Manch einer braucht den Motor

Am Ende ist es wieder gut gegangen. Der Redakteur erblickt mitten im Stroh die Radlerkarawane, reiht sich wieder ein und hat am Ziel sogar 52 Kilometer geschafft.

Womit wir bei der entscheidenden Frage angekommen sind: Wie schaffen etwas betagtere Herren, die in der Regel beim Rostbraten nicht Nein sagen, eine solch üppige Strecke, deren Steigungen wirklich nicht ohne sind? Die Leserschaft ahnt die Antwort: Sind die Anstrengungen zu groß, schalten viele einen kleinen Motor ein.

Doch längst nicht alle. Viele Hundert kommen mit Muskelkraft ins Ziel. Aber es ist auch nicht wichtig. Denn das ist das Erfolgsrezept der Tour: Es geht nicht um Rekorde, sondern um den Spaß.