Die Gedenkstätteninitiative plant einen weiteren Ort der Erinnerung beim alten Engelbergtunnel. Damit sollen 1000 zusätzlichen Namen von KZ-Insassen dokumentiert werden, die durch neue Forschungen erst jetzt bekannt sind.

Leonberg - Nicht wie bislang angenommen rund 3000, sondern mehr als 4000 Häftlinge und Zwangsarbeiter haben unter menschenunwürdigen Bedingungen von Sommer 1944 bis April 1945 im ehemaligen KZ Leonberg gelebt und geschuftet. 398 sind dort gestorben. Die neuen, fast 1000 Namen sind in den vergangenen Jahren bei dem Ehrenvorsitzender der Gedenkstätteninitiative, Eberhard Röhm, zusammen gelaufen. Auch wenn schon 2005 eine „Namenswand“ aufgestellt wurde, so hat die KZ-Gedenkstätteninitiative ihre Nachforschungen nicht eingestellt.

 

Ein Großteil der neu hinzugekommen Namen stammt aus der ehemaligen Häftlingskartei des Lagers Flossenbürg, in der sich die Helfer der Initiative in unzähligen Stunden mühsamer Kleinarbeit verausgabt haben. Aber auch Gespräche mit ehemaligen Häftlingen haben neue Namen geliefert. Fazit: es gab wesentlich mehr Zwangsarbeiter in Leonberg, als bisher bekannt war. Diese sollen in Zukunft in einem „Haus der tausend Namen“ als weiterer Ort des Gedenkens festgehalten werden.

Der Tübinger Künstler Johannes Kares wird bis zum Frühjahr 2013 ein zweites Kunstwerk errichten, gegenüber der Wand mit den schon bekannten 3000 Namen. In dieser abstrahierten Behausung aus Stahlrohren sollen die neu erforschten Namen von Hand mit Schlagbuchstaben in Stahlplatten geschlagen werden.

Das sollen Jugendliche unter der Anleitung des Künstlers machen, und zwar vom 29. April bis zum 7. Mai 2013 in einem Jugendcamp. „An fünf Tagen werden zehn Schülergruppen mit ihren Lehrern zu einem Unterrichtsprojekt an diesem authentischen Ort vor dem alten Engelbergtunnel eingeladen“, sagt Renate Stäbler von der KZ-Gedenkstätteninitiative. Mitglieder der Initiative informieren die Schüler dabei über die Schrecken des KZ Bürger können sich vor Ort ein Bild machen.

Die bestehende Namenswand wurde im Jahr 2005 ebenfalls nach dem Entwurf von Johannes Kares vor dem alten Engelbergtunnel errichtet. Auf 15 Metallplatten sind in den sechs Millimeter starken Stahl die damals bekannten Namen von 2892 KZ-Häftlingen und 16 Gestapo-Häftlingen und Zwangsarbeitern per Laser eingebrannt worden. Auf einer 16. Platte findet sich ein Text in Polnisch, Deutsch, Italienisch und Französisch. Das soll die Erinnerung an das Martyrium in dem Lager wach halten, das von der SS geführt wurde und eine Außenstelle des KZ Natzweiler im Elsass war. In körperlicher Schwerarbeit haben die Häftlinge in den umgebauten Stollen des Engelbergtunnels große Teile für das Düsenflugzeug „Me 262“ der Firma Messerschmitt gebaut, Kriegsproduktion also.

Nun also eine weitere Gedenkstätte. Am Europatag, am Donnerstag, 9. Mai 2013 wird das neue Werk mit einem Fest – wenn möglich in Anwesenheit überlebender KZ-Häftlinge und ihrer Familien – der Öffentlichkeit übergeben. Wie schon bei der Namenswand aus dem Jahr 2005 werden zur Finanzierung des „Hauses der tausend Namen“ sogenannte „Namensbausteine“ für je eine Spende in Höhe von zehn Euro ausgeben. Diese enthalten jeweils einen Häftlingsnamen, der von einem Schüler von Hand in eine der Stahlplatten eingeschlagen wird. Die Bausteine können sowohl am Abend bei der Informationsversammlung am morgigen Donnerstag, erworben werden, als auch später bei jedem Vorstandsmitglied. Bei der Überweisung einer Spende auf das Spendenkonto unter dem Stichwort „Baustein“ wird eine Urkunde zugesandt.

Und noch eine Überraschung erwähnt Renate Stäbler: Die Gedenkstätteninitiative verhandelt derzeit mit der Stadt und möchte das ehemalige Autobahn-Toilettenhäuschen, das derzeit nur rund 80 Meter vom Tunnelmund entfernt vor sich gammelt, übernehmen und ertüchtigen. Damit könnte auch künftigen Besucherströmen Rechnung getragen werden .