Der seit Mai installierte Blitzer auf der A 8 kurz vor der Ausfahrt Leonerg-Ost lässt viele Autofahrer in die Bremsen steigen – und sorgt so fast ständig für Stau. Der ADAC spricht von einem Verkehrshindernis, die Behörden halten die Anlage für korrekt.

Leonberg - Der Taxiunternehmer Harald Lutz, der auch zum Flughafen fährt, ist sauer. „Jedes Mal, wenn ich vom Kreuz Stuttgart nach Leonberg fahre, stehe ich im Stau“, schimpft der umtriebige Einzelunternehmer. Der Grund sei ein Blitzer, der kurz vor der Autobahnausfahrt Leonberg-Ost steht – rund 150 Meter nach einer elektronischen Anzeigetafel, der sogenannten Verkehrsbeeinflussungsanlage, die rund um Stuttgart an vielen Stellen den Verkehr regeln soll.

 

Häufig wird darauf kurz nach dem Autobahndreieck von A 81 und A 8 auf Höchsttempo 100 oder 80 begrenzt. „Die Leute steigen in die Eisen, um bis zum Blitzer so langsam zu sein – ein Stau entsteht“, schildert Harald Lutz das Problem. Sobald das Radargerät passiert sei, löse sich dieser wieder auf, so seine Beobachtung.

Diese Kritik äußert auch der Autoclub ADAC an den neuen Anlagen. Generell lobt dessen Verkehrsexperte Volker Zahn den Sinn elektronischer Schilder: „Das ist bei einem so intensiv befahrenen Abschnitt mit bis zu 120 000 Autos am Tag sinnvoll, bei 80 fließt der Verkehr am besten“, sagt er. Daher hätten sich die vor zwei Jahren installierten flexiblen Tempolimits gelohnt – wobei die Beschränkung auf 120 „politisch gewollt“ sei. „Das dient nicht dem Verkehrsfluss, sondern wird vom Ministerium gewünscht“, sagt der ADAC-Sprecher.

Problematisch sei aber die Kombination mit den insgesamt vier Blitzern (siehe Karte). Volker Zahn nennt neben dem Abschnitt bei Leonberg auch den zwischen Stuttgarter Kreuz und dem Echterdinger Ei, also beim Zusammentreffen der A 8 mit der B 27. „In beiden Fällen sind die Autofahrer viel mit Spurwechsel und Orientierung beschäftigt“, sagt Zahn. Dann werde kurz nach den Einfädelspuren plötzlich ein elektronisches Tempolimit angezeigt – und unmittelbar danach komme ein Blitzer.

Und dieser enge Abstand verursache Staus, glaubt Volker Zahn. „Alle müssen abbremsen, die Anlage erkennt eine Verdichtung, regelt das Tempo weiter runter – ein Teufelskreis“, erklärt der ADAC-Verkehrsexperte. Zumal viele Autofahrer vorsichtshalber weit mehr entschleunigen, als nötig ist – gerade wegen der vielen Spuren „vergesse“ man den angezeigten Wert schnell. Daher fordert er mehr Abstand als 150 Meter zwischen Tempoanzeige und Blitzer.

Rüdiger Felber, der Sprecher des Ministeriums, verweist auf die hohe Unfallträchtigkeit des Abschnittes der A 8 zwischen Leonberg und Wendlingen. „Die Standorte werden so gewählt, dass erst nach zwei Anzeigen der Beeinflussungsanlage eine Überwachung erfolgt“, sagt er. Dies sei durch Gerichtsurteile so vorgegeben. Allerdings räumt er ein: „Der Leonberger Blitzer wurde durch bauliche Gegebenheiten etwas näher an die Tempoanzeige gerückt.“ Allerdings sei das noch innerhalb der Toleranzen – die allgemein üblichen 150 Meter Mindestabstand zur Anzeige seien noch eingehalten, betont Felber.

„Bremsmanöver gehören leider zum Alltag“, sagt Felber. Dies könne zu Staus führen – doch das Beispiel Möhringen zeige, dass die Autofahrer sich schnell an die Situation gewöhnten. Dort wurde die Kombination von Blitzer und Beeinflussungsanlage schon vor einem Jahr aufgebaut.

„Inzwischen haben die Bremsmanöver dort deutlich nachgelassen“, sagt der Ministeriumssprecher. Zudem sagt Felber: „Wer sich an die Tempolimits hält, muss auch nicht abbremsen.“ Sprich: eine moderate Geschwindigkeit sei generell angebracht, wenn es unübersichtlich werde.

Klar ist: die Blitzer sind erfolgreich – und einträglich. Das bestätigt Joachim Fischer, der Sprecher des Karlsruher Regierungspräsidiums. Seit Aufstellen der Radargeräte im Juni 2013 wurden schon 368 000 Autofahrer geblitzt und Bußgelder von 10,8 Millionen Euro verhängt. „Die Zahlungsmoral ist hoch“, sagt Fischer, „80 Prozent überweisen gleich auf Anhieb.“

Die Verkehrsbeeinflussungsanlage hingegen, also die elektronischen Schilder, werden vom Tübinger Regierungspräsidium aus verwaltet. „Unser Ziel sind 30 Prozent weniger Unfälle und 20 Prozent weniger Staus durch die Anlagen“, erklärt der Sprecher Steffen Fink. Gesteuert werden die elektronischen Anlagen vollkommen automatisch, aber koordiniert mit den Blitzern. Ob das Ziel erreicht werde, könne man noch nicht sagen – wegen der vielen permanenten Baustellen sei es für eine Bilanz noch zu früh, erklärt Fink.

Beim Verkehrsministerium in Stuttgart ist man mit der neuen Anlage jedenfalls zufrieden. „Sie funktioniert einwandfrei“, erklärt der Sprecher Edgar Neumann. Sie zeige bewusst nicht überall die mögliche Höchstgeschwindigkeit an – sondern gleichmäßig das passende Tempo über einen langen Abschnitt. „Wir können nachweisen, dass sich der Stau reduziert hat – sofern er nicht von Unfällen oder Baustellen kommt“, betont Edgar Neumann. Daher soll es noch weitere Beeinflussungsanlagen geben – auf der A 81 nach Ludwigsburg und auf der A 8 weiter bis Kirchheim/Teck. Das aber wohl erst bis zum Jahr 2020.