Die Gewerkschaft befürchtet Stellenabbau und Lohndumping, wenn die Stuttgarter die Leonberger Klinik übernehmen. Das Bosch-Krankenhaus wehrt sich.

Leonberg/Stuttgart - Mit einem Flugblatt, das seit Donnerstag in allen sechs Häusern des Klinikverbunds Südwest verteilt wird, warnt die Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten insbesondere der Leonberger Klinik vor einer Übernahme durch das Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus. Wie berichtet, hatte der Leonberger Oberbürgermeister Bernhard Schuler kürzlich diesen Vorschlag gemacht und bereits Kontakte zur Robert-Bosch-Klinik geknüpft.

 

„Die Robert-Bosch-Krankenhaus GmbH hat ein niedrigeres Lohnniveau als der Klinikverbund Südwest. Das hängt damit zusammen, dass es nur für die Ärzte Tarifverträge gibt“, schreibt Verdi in seinem Flugblatt. Wenn das Leonberger Krankenhaus aus dem Klinikverbund gelöst und zur Robert-Bosch-Krankenhaus-Gesellschaft wechseln würde, drohten den Leonberger Beschäftigten ebenfalls Einschnitte. „Der Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten liegt beim Klinikverbund Südwest derzeit bei 68 Prozent, beim Robert-Bosch- Krankenhaus nur bei 49 Prozent.“ Dies gehe nur mit Stellenabbau und durch Fremdvergabe von Leistungen, warnt Verdi.

„Polemik der Gewerkschaft“, sagt Bosch-Klinik-Chef

„Das ist pure Polemik der Gewerkschaft“, wehrt sich Ullrich Hipp, der Geschäftsführer des Robert-Bosch-Krankenhauses.. „Wir zahlen genau die gleichen Gehälter wie der Klinikverbund Südwest und andere Häuser.“ Auch von Stellenabbau könne keine Rede sein: „Sowohl in Stuttgart als auch im Haus Schillerhöhe haben wir in den vergangenen vier Jahren kräftig Personal aufgebaut, allein auf der Schillerhöhe um 13 Prozent.“

Doch Verdi hat noch andere Bedenken im Bezug auf die Robert-Bosch-Klinik: Mit der Privatisierung des Krankenhauses sinke die politische Einflussnahme, befürchten die Gewerkschafter. Sie fordern: „Keine Privatisierung, sondern Verbleib des Krankenhauses in öffentlicher Trägerschaft.“ Der Leonberger Oberbürgermeister Schuler hält es für falsch, das Robert-Bosch-Krankenhaus mit privaten Klinik-Betreibern wie Helios oder Sana gleichzusetzen. „Bei Bosch handelt es sich um eine Stiftung, die dem Gemeinwohl verpflichtet ist.“

Betriebsrat des Klinikverbunds hat Bedenken

Der Konzernbetriebsrat des Klinikverbunds Südwest teilt die Bedenken der Gewerkschaft. Zwar zahle die Bosch-Klinik momentan die gleichen Gehälter wie der Klinikverbund. „Aber das ist ist freiwillig und kann jederzeit aufgekündigt werden. Nur bei den Ärzten gibt es eine Tarifbindung“, sagt Herbert Dietel, der Chef des Konzernbetriebsrats. „Erst kürzlich haben wir mit vereinten Kräften einen Notlagentarif für die Beschäftigten des Klinikverbunds Südwest abgewehrt. In eine solche Situation will ich nicht wieder kommen.“ Dietel hält es für wesentlich sinnvoller, „dass die Beschäftigten und Betriebsräte in die Umsetzung des Medizinkonzepts des Klinikverbunds eingebunden werden als einzelne Kliniken zu privatisieren.“ Gespräche mit der Geschäftsführung des Klinikverbunds über das Medizinkonzept würden bereits geführt.

Doch gerade das Medizinkonzept war es, dass den OB Schuler zu seinem Vorstoß in Sachen Robert-Bosch-Klinik getrieben hatte. Denn das Konzept sieht vor, Fachbereiche innerhalb des Verbunds standortübergreifend zu leiten. So soll es künftig beispielsweise eine Gynäkologieabteilung für die Häuser Böblingen und Leonberg geben, die gemeinsam von einem Chefarzt mit Sitz in Böblingen und einem Oberarzt mit Sitz in Leonberg geführt wird. So möchte der Klinikverbund sein enormes Defizit (im vergangenen Jahr 25 Millionen Euro für die sechs Häuser) reduzieren. Am 5. Mai soll der Böblinger Kreistag dieses Konzept beschließen. Viele Bürger, Kommunalpolitiker und Mitarbeiter in Leonberg jedoch kritisieren dieses Konzept. Sie fürchten, dass ihr Haus ausbluten könnte.

Viele Mitarbeiter der Leonberger Klinik begrüßen deshalb den Vorstoß Schulers und halten eine Übernahme durch die Robert-Bosch-Klinik für die Rettung. Der Betriebsrat der Klinik wollte sich gestern jedoch nicht äußern – weder zu der Übernahme-Idee noch zu dem Verdi-Flugblatt.