Der junge Mann verschuldet aus Übermut einen tragischen Unfall. Zwei Insassen kommen mit leichten Blessuren davon, der 21-jährige Beifahrer erliegt eine Woche später seinen schweren Verletzungen.

Leonberg - Der junge Mann hatte noch das ganze Leben vor sich, doch dann änderte ein schwerer Autounfall am 24. Mai 2014 schlagartig alles. Gemeinsam mit seinem älteren Bruder und zwei Freunden ging es auf eine Geburtstagsparty nach Warmbronn. Es war Samstagabend, die Stimmung war ausgelassen. Dann offenbar aus Übermut lenkte der Fahrer das Auto bei überhöhter Geschwindigkeit abwechselnd nach links und rechts, bevor er in einer Linkskurve die Kontrolle über den Wagen verlor. Das Fahrzeug überschlug sich mehrfach, kam von der Straße ab und prallte schließlich gegen einen Baum.

 

Während der Fahrer und die beiden hinteren Insassen mit leichten Blessuren davon kamen, wurde der 21-jährige Beifahrer derart schwer verletzt, dass er eine Woche später im Krankenhaus starb.

Wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen ist der Autofahrer nun am Leonberger Schöffengericht zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden. Außerdem darf der 22-jährige Einzelhandelskaufmann vor Ablauf von zwei Jahren keinen Führerschein beantragen. Dieser wurde zwar nach dem Unfall eingezogen. Doch das hinderte den jungen Mann nicht daran, sich dennoch hinters Steuer zu setzen.

„Hier geht es um einen toten Menschen“

Der Vorsitzende Amtsrichter Armin Blattner machte keinen Hehl daraus, dass auch ihn der Fall nicht unberührt ließ. „Hier geht es nicht wie üblicherweise um einen Joint oder Ladendiebstahl, sondern um einen toten Menschen“, betonte er nach der Urteilsverkündung. „Weil dieser Unfall nicht durch einen Zufall, sondern durch eine bewusste Entscheidung herbeigeführt wurde, kann es nur eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung als Sanktion geben“, befand der Richter. Die Staatsanwältin hatte eine Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten gefordert. Die Rechtsanwältin plädierte aufgrund einer guten Sozialprognose ihres Mandanten für eine milde Bewährungsstrafe.

Mangelnde Reue attestierte ihm der Nebenklägervertreter, der in der Verhandlung die Eltern des tödlich Verunglückten vertrat. „Es scheint, als wären Sie der Einzige, den das Ganze unbeeindruckt lässt“, konstatierte dieser, der damit nicht nur darauf anspielte, dass der 22-Jährige im Januar mit einem neu angeschafften Wagen und ohne Führerschein in eine Polizeikontrolle geraten war.

Obendrein stritt der Angeklagte, der damals erst seit zwei Monaten im Besitz eines Führerscheins war, bis zuletzt ein Eigenverschulden ab. Stattdessen machte er einen technischen Defekt für den Unfall verantwortlich. „Bei der Fahrt hatten sich plötzlich die Reifen überdreht und mein Lenkrad war blockiert“, berichtete der 22-Jährige auf der Anklagebank. Während ihm zufolge das Fahrzeug allmählich nach rechts drehte, versuchte er verzweifelt dagegen zu lenken, was ihm aber letztlich nicht gelang, weshalb es zum Unfall kam.

Viel zu schnell und vom Handy abgelenkt?

Doch die beiden Mitfahrer berichteten von einem anderen Szenario. Demnach soll der Angeklagte viel zu schnell auf der Kreisstraße zwischen der Leonberger Innenstadt und Warmbronn gewesen sein und während der Fahrt am Handy herumgespielt haben. Dann sei er offenbar aus Prahlerei in Schlangenlinien gefahren. „Das fand er witzig“, berichtete der 18-Jährige. Besonders tragisch: Eigentlich wollten die drei Leonberger mit dem Bus nach Warmbronn fahren, bevor der 22-Jährige übers Handy vorschlug, sie mitzunehmen.

Etwaige Restzweifel räumte der hinzugezogene Sachverständige aus, der mit der Rekonstruktion des Unfalls betraut war. Bei der Inspektion des Fahrzeugs sei er zwar auf abgenutzte Reifen sowie unterschiedliche Reifengrößen gestoßen. „Technisch gesehen ist die Schilderung des Angeklagten aber nicht nachvollziehbar, zumal es bei einem Auto mit dieser Motorisierung nicht zu durchdrehenden Reifen und einer Lenkradblockade kommen kann“, konstatierte der Dekra-Fachmann, der die Fahrweise des Leonbergers mit dem Elch-Test verglich.

Dass es sich bei der Aussage des 22-Jährigen lediglich um eine schlichte Schutzbehauptung handelte, dafür sprach nicht zuletzt die polizeiliche Vernehmung an der Unfallstelle. Wie der geladene Beamte berichtete, habe der Leonberger damals behauptet, dass er einem entgegenkommenden Auto ausweichen musste und die Kontrolle verlor.

Die hinteren Insassen, die den Unfall mit Prellungen und Schürfwunden glimpflich überstanden, leiden eigener Aussage nach bis heute an den Folgen des Unglücks.

„Mir fällt es noch immer schwer, in ein Auto einzusteigen“, berichtete der 18-Jährige. Kaum auszumalen ist aber das Leid, das der Autofahrer mit seinem Leichtsinn über die Angehörigen des verstorbenen Beifahrers gebracht hat. Wie der ältere Bruder erklärte, habe er wegen psychischen Problemen seine Ausbildung abgebrochen. Unter Tränen berichtete der 23-Jährige von einer „zerstörten Familie“.