In einer Kundenzeitung wird der CDU-Bürgermeister schon als Bewerber vorgestellt.

Leonberg - Die Leser von „Leo-Center Aktuell“ werden regelmäßig über besondere Aktionen und andere interessante Infos aus der großen Leonberger Einkaufsmeile auf dem Laufenden gehalten. Aber dass sie in der vom Center-Management herausgegebenen Kundeninformation, die unserer Zeitung und dem Wochenblatt beiliegt, wichtige Neuigkeiten aus der Kommunalpolitik erfahren, das ist unüblich.

 

In der jüngsten Ausgabe von „Leo-Center Aktuell“ jedoch wird das im Center am Faschingssamstag stattfindende Narren-Gericht in der Überschrift mit dem „Ersten Bürgermeister und OB-Kandidaten Dr. Ulrich Vonderheid“ angekündigt. Auch im Text wird Vonderheid als „Kandidat für den Oberbürgermeistersessel “ bezeichnet.

Die Absolutheit ist neu

Die Absolutheit ist neu. Zwar wird seit Monaten darüber spekuliert, ob der Stellvertreter des Oberbürgermeisters bei der OB-Wahl im September antritt. Aber öffentlich geäußert hat sich der CDU-Politiker zu seinen Ambitionen bisher noch nicht.

Auf Nachfrage unserer Zeitung reagiert Vonderheid ausweichend. Sein Name hätte im Zusammenhang mit der OB-Wahl ja schon öfter in der Zeitung gestanden. Deshalb will er auch in den Formulierungen in „Leo-Center Aktuell“ nichts Ungewöhnliches erkennen. „Ich fühle mich geehrt, dass es Menschen gibt, die mich für das höchste Amt der Stadt geeignet halten“, sagt der Christdemokrat und kündigt an, dass er sich noch vor Ostern endgültig erklären wolle. Ein klares Dementi klingt anders.

Im Gegenteil: Ungelegen kommt es Vonderheid offenkundig nicht, dass er in der Kundenzeitung ohne Einschränkung als OB-Kandidat bezeichnet wird. „Der Artikel wurde mit Herrn Dr. Vonderheid abgestimmt“, erklärt der Center-Manager Klaus-Peter Regler auf Nachfrage.

„Der Artikel ist mit Vonderheid abgestimmt“

So scheint genau das einzutreten, was viele Beobachter der kommunalpolitischen Szene schon länger erwarten: Der bisherige Stellvertreter will die Nummer eins werden. Dass der Amtsinhaber nicht mehr kandidiert, kommt Vonderheid dabei zupass: Wäre Bernhard Schuler, der gerade in den vergangenen drei Jahren an Popularität gewonnen hat, erneut angetreten, wären die Chancen eines Herausforderers aus dem eigenen Hause wohl geringer gewesen.

Wie hoch Vonderheids Erfolgsaussichten jetzt wären, hinge wohl auch von Anzahl und Profil der Mitbewerber ab. Nahezu alle Kräfte im Gemeinderat sind auf Personalsuche. Und dass der CDU-Bürgermeister zwangsläufig der natürliche Kandidat seiner Partei würde, scheint alles andere als ausgemacht. Die Stadtverbands-Vorsitzende Sabine Kurtz verweist auf die parteiinterne Findungskommission. Am Profil, so bekräftigt die CDU-Chefin, habe sich nichts geändert: Das Wohl der Gesamtstadt steht an erster Stelle, Führungserfahrung und Empathie sind nötig, eine Frau würde nach Jahrzehnten der Männerdominanz begrüßt, das Parteibuch ist zweitrangig.

Parteibuch ist zweitrangig

Kurtz kann sich nach wie vor einen Kandidaten vorstellen, der von mehreren politischen Kräften getragen wird. Mit Ulrich Vonderheid habe man gesprochen. Mehr will sie zu dem Thema nicht sagen.

Andere aus der Partei sagen hinter vorgehaltener Hand, dass eine Kandidatur Vonderheids auf dem CDU-Ticket kritisch gesehen wird. Keinesfalls wolle man sich bei der Suche nach einem bestmöglichen Kandidaten unter Zeitdruck setzen lassen.


Kommentar

Vonderheid lässt sich OB-Kandidat nennen

Ulrich Vonderheid ist ein machtbewusster Mann: Diese Erkenntnis ist nicht neu. Schon in seiner südhessischen Heimat gehörte der CDU-Mann der Verwaltungsspitze von Lampertheim an. In Leimen wollte er vergeblich Oberbürgermeister werden. Danach ist er Ende 2008 nach Leonberg gekommen, um den in den Ruhestand gehenden Finanzbürgermeister Helmut Noë zu beerben.

Anfangs gefremdelt

Hatte Vonderheid anfangs mit seiner Wirkungsstätte gefremdelt und sogar ein Comeback in Hessen nicht ausgeschlossen, so geriert sich der heute 51-Jährige mittlerweile als Leonberger. Er hat ein Haus mitten in der Stadt, den Gemeinderat begrüßt er stets mit einem „herzlichen Grüß Gott“.

Politisch setzt sich Ulrich Vonderheid als kreativer Finanzpolitiker in Szene. In der Tat hat der promovierte Kaufmann durch Tochtergesellschaften wie Stadtwerke oder Leo-Energie neue Strukturen eingeführt, die dem Haushalt zugute kommen.

Zuletzt machte Vonderheid Schlagzeilen durch das Chaos bei der Übernahme der Altstadt-Tiefgarage und durch sein angespanntes Verhältnis zum Oberbürgermeister. Charakterlich könnten Bernhard Schuler und Ulrich Vonderheid kaum unterschiedlicher sein. Hier der sachliche Jurist, der Dinge lieber drei- als zweimal wendet. Dort der jovial auftretende Kassenwart, der gerne monetäre Wohltaten in Aussicht stellt, was nicht immer nur zur Freude führt. Etwa beim Tauziehen um die Finanzierung eines Sportzentrums für den neuen Großverein SV Leonberg/Eltingen. Schuler pfiff Vonderheid zurück.

In der Partei fehlt ihm offenbar der Rückhalt

Dass der Amtsinhaber nicht weitermachen will, wird dem Aspiranten für einen Wahlerfolg kaum ausreichen. Denn offenkundig mangelt es ihm an Rückhalt in der eigenen Partei. Die von der Leonberger CDU-Chefin geleitete Kandidaten-Findungskommission deuten selbst viele Parteifreunde als Affront gegen Vonderheid.

Dererlei Nackenschläge machen dem Ersten Bürgermeister zumindest nach außen hin nichts aus. Stets gut gelaunt tritt er in der Öffentlichkeit auf. Eben genau wie einer, der ganz nach vorne will.

Hintertürchen offen

Dass er dieses Ziel notfalls ohne seine Partei erreichen will, daran dürfte es nach der von ihm autorisierten Veröffentlichung in der Leo-Center-Zeitung keinen Zweifel mehr geben. Vonderheid kennt die Regeln der Eigenvermarktung aus dem Effeff. Er weiß, dass viele Leser nun glauben, er sei tatsächlich OB-Kandidat, eben weil es „in der Zeitung“ gestanden hat. Dabei laviert er nach wie vor herum, stets das Hintertürchen offen haltend, niemals offiziell von eigenen Ambitionen gesprochen zu haben.

Doch dieses Spiel könnte nicht aufgehen. Durch sein Kokettieren mit dem höchsten Amt der Stadt hat Vonderheid nicht nur die Politik bis in die CDU hinein mobilisiert. Auch die Bürger wollen wissen, ob der Zweite wirklich Erster werden will. Eine Erklärung in der närrischen Bütt dürfte da nicht genügen.