Weil die Erzieher sich seit anderthalb Wochen im Ausstand befinden, betreuen 15 Mütter und ein Vater ihre Kinder nach der Schule selbst. Die Stadt stellt dafür die Räume des Horts an der Staigwaldhalle zur Verfügung.

Leonberg - Zwei Jungen und zwei Mädchen toben über den Spielplatz an der Warmbronner Staigwaldhalle. Sie haben ihre Hausaufgaben bereits fertig und dürfen draußen spielen. Ihre Klassenkameraden dagegen tüfteln noch an den Mathe-Aufgaben oder üben, die Buchstaben des Alphabets zu schreiben. Doch statt der drei Erzieher schauen den Grundschülern diesmal drei Mütter über die Schulter. Denn die Profibetreuer – zwei Frauen und ein Mann – befinden sich mit einigen ihrer Kita-Kollegen derzeit im Streik.

 

Eigentlich wäre der Hort zugeblieben. Doch die Eltern der Hortschüler haben sich kurzerhand zusammengeschlossen und stemmen die Betreuung seit Streikbeginn selbst. „Als wir den Streikbrief einen Tag vor Beginn des Streiks am 11. Mai in die Hand gedrückt bekamen, wusste ich, dass wir das selbst machen müssen“, erzählt Tanja Schick, deren Sohn in den Warmbronner Hort geht. Also besprach sie sich mit den anderen Eltern und kontaktierte die Stadt. „Innerhalb von einem Tag war der Vertrag, in dem uns die Stadt die Hort-Räume zur Verfügung stellt, unterschrieben“, sagt Schick, die die Idee der Elternbetreuung in Berichten über frühere Streiks in anderen Städten aufgeschnappt hat. Durch den Vertrag sind die betreuenden Eltern auch versichert – die Kinder dagegen nur über die privaten Policen der Familien.

Eltern springen trotz Berufstätigkeit an

An insgesamt sieben Tagen – von Montag bis Mittwoch in der vergangenen Woche und von Montag bis heute in dieser Woche – haben sich jeweils drei Eltern um die meist 18 Kinder gekümmert. Sonst besuchen 21 Schüler den Hort. „Manche konnten eine Betreuung daheim organisieren, die ganze Zeit oder auch nur tageweise“, berichtet Tanja Schick. Doch die meisten Kinder sind eben doch in den Hort gekommen. Und auch die meisten der Eltern haben wenigstens an einem Tag geholfen. „Wir haben das echt gewuppt. Und das, obwohl wir alle berufstätig sind.“ Dabei ist das die Voraussetzung, dass die Kinder überhaupt im Hort betreut werden. Dass sich außer einem Vater nur Mütter beteiligt haben, findet sie nicht so schlimm. „In den vielen Familien ist es wohl so, dass der Mann voll arbeitet und die Frau nur zwischen 50 und 80 Prozent“, meint Tanja Schick. Die Frauen hätten vieles aber auch einfach unter sich geregelt. Das habe alles sehr gut geklappt, es sei ein toller Zusammenhalt gewesen. Und auch eine ganz neue Erfahrung.

„Es war spannend zu sehen, wie der Tag so läuft und was die Erzieher da täglich zu leisten haben“, erzählt die Warmbronner Mutter. Die Kinder sind je nach Klassenstufe bis 12 oder 13 Uhr in der Schule. Bis zum Mittagessen gegen 13.30 Uhr werden sie betreut. Während des Streiks gibt es eine warme Mahlzeit im Sportheim nebenan. Anschließend stehen erst Hausaufgaben auf dem Programm, dann ist Spielzeit, bis die Kinder entweder um 15.30 oder 17.30 Uhr abgeholt werden.

Eltern sehen sich und Kinder als Leidtragende des Streiks

In der ersten Woche nach Pfingsten hat auch der Hort Ferien. Dass die Erzieher möglicherweise danach erneut streiken könnten, sehen die Eltern im Stadtteil mit Sorge. „In der zweiten Ferienwoche müssten wir eine Ganztagsbetreuung stemmen, und das schaffen wir nicht“, meint Tanja Schick, die im Großen und Ganzen zwar Verständnis hat für den Streik. Aber: „Wenn die Lokführer streiken, ist die Bahn die Leidtragende. Wenn die Erzieher streiken, sind jedoch nicht die Kommunen die Leidtragenden, sondern die Kinder und wir Eltern.“ Denn sie müssten sich nicht nur selbst um die Betreuung kümmern, sondern auch dafür zahlen, etwa für Essen und Getränke. Auch wenn die Hortgebühren in Leonberg sehr fair seien.