Brief an Spitzenpolitiker mit Argumenten für die Buslinie. Kritik auch aus dem Kreistag.

Leonberg - Die Bürger sollen in Zeiten von vermehrtem Feinstaubalarm auf Bus und Bahn ausweichen. „Es ist absurd, wenn diese Bemühungen gleichzeitig durch die Schließung gut frequentierter Buslinien seitens der für den öffentlichen Personennahverkehr zuständigen Gebietskörperschaften konterkariert werden.“

 

So steht es in einem offenen Brief, den Warmbronner Ortschaftsräte an Politiker und Medien verschickt haben. Es geht um die Buslinie 747, die laut dem Nahverkehrsplan des Kreises Böblingen ab Dezember 2018 entfallen soll (wir berichteten).

Die Busverkehre sind in die Hände der Kreise übergegangen. In Böblingen wurde daraufhin ein Nahverkehrsplan aufgestellt. Um Kosten zu sparen, hat das Landratsamt eine Grundversorgung auf den einzelnen Strecken definiert, für die der Kreis komplett aufkommt. Was sich die Kommunen zusätzlich wünschen, wird zur Hälfte getragen. Allerdings gilt diese Regelung nicht für die Line 747, die von Warmbronn über Büsnau und die Uni nach Vaihingen führt. Denn das Landratsamt hat die gesamte Linie nicht als Grundversorgung eingestuft.

Fahrzeit verdoppelt sich

Für die Warmbronner ist das unverständlich. Die Ortschaftsräte weisen im offenen Brief auf die Vorzüge der Verbindung hin. Die Argumente: Der Teilort verfügt über keinen S-Bahn-Anschluss. Eine andere schnelle Verbindung nach Stuttgart gibt es nicht. Fällt die Linie 747 weg, verdoppeln sich die Fahrzeiten zur Uni, nach Vaihingen oder in die Stuttgarter Innenstadt. Ebenso die Fahrkosten, weil statt der zwei Tarifzonen teilweise sogar fünf fällig werden.

Der Ortschaftsrat kritisiert in dem Schreiben auch die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB), die eine anteilige Kostenübernahme abgelehnt haben. Denn nur vier der neun Haltestellen befinden sich auf Leonberger Gemarkung, der Rest auf Stuttgarter. Doch für die Bewohner von Büsnau und Vaihingen gibt es genügend Alternativen bei Bus und Bahn.

Nur 35 000 Euro sind ungedeckt

Bei 99 Fahrten in beide Richtungen je Woche ergeben sich laut Stadt Leonberg Jahreskosten von 135 000 Euro. Dem gegenüber stünden Ticketerlöse von rund 100 000 Euro. Bei einer Verkehrserhebung aus den Jahren 2014 und 2015 seien im Schnitt täglich 265 Menschen mit der Linie gefahren. Die Zahlen hatte der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid (CDU) zuletzt dem Ortschaftsrat präsentiert. Sollte die Linie tatsächlich stillgelegt werden, befürchtet der Ortschaftsrat eine weitere Zunahme beim Berufspendlerverkehr. Die Busse der Linien 631 und 632 von Warmbronn in die Leonberger Kernstadt seien durch die Schüler schon jetzt überlastet. „Auch deshalb sind nicht einmal die fiskalischen Argumente schlüssig“, schreibt der Ortschaftsrat in seinem offenen Brief, der unter anderem auch an den Landesverkehrsminister, den Landrat, die Oberbürgermeister von Leonberg und Stuttgart sowie die Landtags- und Kreistagsabgeordneten sowie Stadträte gerichtet ist.

Das Schreiben schließt mit den Worten: „Wir bitten Sie dringend, Ihren öffentlichen Beteuerungen die entsprechenden Taten folgen zu lassen und alles in Ihrer Macht stehende zu tun, um nicht nur die von der Warmbronner Bevölkerung unbedingt benötigte Buslinie 747 weiterhin aufrecht zu erhalten.“

Auslastung rechtfertige Betrieb

Auch im Kreistag selbst regt sich Widerstand gegen die Kappung der Linie. „Als wir das Buskonzept diskutiert hatten, wussten wir noch nichts von den Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in Stuttgart“, erklärt Wolfgang Schaal von den Freien Wählern. „Jetzt ist die Lage völlig anders. Da ist es kontraproduktiv, eine etablierte Linie zu kippen.“

Schaal, der auch im Leonberger Gemeinderat sitzt, hat grundsätzlich Verständnis dafür, dass nicht jeder individuelle Wunsch einer Kommune im Nahverkehrsplan berücksichtigt werden kann.

Doch die Auslastung der Linie 747 rechtfertige einen Weiterbetrieb. Zumal das Defizit verkraftbar wäre, wenn es sich Kreis und Stadt je zur Hälfte teilen würden. Der Freie Wähler will das Thema jetzt erneut in den Kreistag bringen.