Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrslärm hält das Flugfeld ungeeignet für einen Klinik-Standort.

Leonberg - Das Flugplatz-Gelände für ein Krankenhaus zu nutzen, widerspricht den Grundsätzen der Bauplanung und ist wohl rechtlich kaum zulässig.“ Das schreibt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrslärm Leonberg (AGVL) in einem offenen Brief an den Landrat Roland Bernhard.

 

„Wir haben festgestellt, dass der geplante Standort für das Krankenhaus hoch lärm- und schadstoffbelastet ist“, erläutert Ewald Thoma, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft und Vorsitzender der Bürgerinteressengemeinschaft Gartenstadt/Glemstal (Bigg). In erster Linie liege das an der nahen und sehr stark befahrenen A 81.

Weitere Quellen kämen hinzu, so die AGVL: Die direkt an den geplanten Gebäuden vorbeiführende Kreisstraße habe als Ausfallstraße ein hohes Verkehrsaufkommen. Ebenso belaste die Gäubahn, insbesondere mit ihrem nächtlichen Güterverkehr, den Standort. „Allein der Lärm der Autobahn überschreitet bereits den nächtlichen Grenzwert der gültigen 47 Dezibel für Krankenhäuser deutlich – wohlgemerkt ohne die weiteren Lärmquellen von Straßen, Bahn und Industriebetrieben“, gibt Thoma zu bedenken.

Dieser „äußerst nachlässige“ Umgang mit der Lärm- und Schadstoffbelastung sei ein gravierender Fehler im Standortgutachten und stelle ein k.o.-Kriterium für den Standort dar, sind die AGVL-Mitglieder überzeugt. „Dies umso mehr, weil die Medizin in den letzten Jahren immer deutlicher zeigt, dass das Gesundheitsrisiko von Lärm und Schadstoffen bisher stark unterschätzt wurde“, gibt Thoma zu bedenken. „Geradezu paradox ist, dass ausgerechnet die Leonberger Gefäßchirurgie auf das Flugfeld verlegt werden soll, denn Gefäßkrankheiten sind die häufigsten Krankheiten, welche durch die Belastung durch Lärm entstehen“, versteht Thoma die Welt nicht mehr.

„Künstlich“ erzeugter Verkehr

„Künstlich“ erzeugter Verkehr

Ein weiterer wichtiger Punkt sei der zusätzlich „künstlich“ erzeugte Verkehr durch Verlagerung von Patienten des Leonberger Krankenhauses in die geplante Klinik. „Ausgerechnet in dem Raum mit den mit Abstand höchsten Verkehrsemissionen innerhalb der Region Stuttgart plant man bewusst so, dass noch mehr Belastung erzeugt wird, und wundert sich dann, wenn der Verkehr nicht fließt“, schreibt die AGVL dem Landrat.

Angesichts der Tatsache, dass nur zwei Kilometer weiter östlich richtigerweise Wohngebiete vor dem gleichen Autobahnverkehr durch einen teuren Lärmschutzdeckel geschützt werden sollen, welcher auch vom Landkreis mitfinanziert wird, zeige wie grotesk eine Klinikansiedlung hier sei.

„Auch über die Schadstoffbelastung gibt es keine Aussagen, obwohl eine Überschreitung der EU-Grenzwerte insbesondere bei Stickstoffdioxid und bei Feinstaub sehr wahrscheinlich ist, zumal die Autobahn in der Hauptwindrichtung liegt“, so Thoma. Weiterhin sei unklar, welche Auswirkungen die Lage mitten in einem der größten Industriegebiete der Region Stuttgart hat. Auch die Emissionen der Industriebetriebe machen nicht am Krankenhaus halt.„Diese Geländes kann gar nicht für ein Krankenhaus genutzt werden“, lautet das Fazit der Arbeitsgemeinschaft.

Keine Rücksicht auf Patienten

Keine Rücksicht auf Patienten

„Anscheinend wird selbst bei Krankenhäusern keine Rücksicht mehr auf die Bedürfnisse und Gesundheit der Bürger und Patienten genommen“, ist Thoma erbost. Die vermeintliche suboptimale Wirtschaftlichkeit habe absoluten Vorrang. Dies drücke sich prägnant im verwendeten Bewertungsschema des Gutachtens aus. Mehr als 90 Prozent der Kriterien seien rein betriebswirtschaftlicher Natur. Patientenbezogene Kriterien gebe es kaum. Dem Lärm- und Schadstoffschutz würden lediglich zwei Prozent eingeräumt, so die AGVL.

„Warum sollen wir uns keinen patientengerechten, gesunden Standort mehr leisten können?“, bündelt Thoma die Forderungen der AGVL-Mitglieder. Denn eine Flugfeld-Klinik sei auch wirtschaftlich sehr zweifelhaft. „Denn welcher Patient geht freiwillig in das vermutlich erste mit voller Absicht geplante Autobahnkrankenhaus in Deutschland?“, fragt sich der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft.

Getragen wird die AGVL vom Bürgerforum Magstadt, den Bürgervereinen Eltingen, Leonberg-Ezach, Leonberg Silberberg, der Bürgerinteressengemeinschaft Gartenstadt/Glemstal, der Haldengebiet Leonberg Initiativgemeinschaft, der Bürgergemeinschaft Ramtel sowie den Interessengemeinschaften Renningen-Kindelberg und Renningen-Hummelbaum.