Die Asylbewerberheime sind voll. Deshalb will der Kreis Böblingen zusätzlich Wohncontainer bestellen.

Leonberg - Es muss schon so etwas wie Verzweiflung herrschen bei den Verantwortlichen im Landratsamt Böblingen. „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat vor Kurzem seine Zugangsprognose 2015 für Baden-Württemberg verdoppelt. In der Folge stiegen die Zuweisungen an den Landkreis Böblingen auf derzeit rund 250 Flüchtlinge im Monat“, heißt es in einer Pressemitteilung. Bislang wurden nur etwa 130 bis 150 Menschen pro Monat zugeteilt. Und mit dieser Zahl wurde auch geplant. „Nach den neuen Prognosen benötigt der Landkreis bis zum Jahresende voraussichtlich rund 2500 Plätze in staatlichen Gemeinschaftsunterkünften“, heißt es weiter. Bislang wurde mit rund 1900 benötigten Plätzen geplant.

 

600 Plätze fehlen also. Und das, obwohl neue Unterkünfte wie in Leonberg-Ramtel eröffnet wurden. Im umgebauten ehemaligen Hotel Online gibt es 70 Plätze, von denen Anfang Juli 50 belegt waren.

Von August an soll die Sporthalle der Gottlieb-Daimler-Schule 2 in Sindelfingen als Notunterkunft für etwa 100 Flüchtlinge dienen (wir berichteten). Doch da auch das nicht reicht, hat der Kreistag auf Vorschlag der Verwaltung am Montag beschlossen, drei weitere kreiseigene Turnhallen zu Notunterkünften umzufunktionieren. Pro Halle könnten je 100 weitere Flüchtlinge Platz finden.

„Es gibt sieben Turnhallen, die in Frage kommen. Welche drei es werden, wird jetzt geprüft“, erklärt Wiebke Höfer, die Pressesprecherin des Kreises. Noch sei keine Entscheidung gefallen, aber die Zeit dränge. Von den sieben möglichen Sporthallen befinden sich zwei am Berufsschulzentrum (BSZ) Leonberg. „Das wäre sicher für den Schulbetrieb nicht schön. Aber wir werden unseren Beitrag leisten, sollte es so kommen“, sagt Werner Diebold, der Schulleiter des BSZ. Bereits in den 90er Jahren sei eine Turnhalle als Flüchtlingsunterkunft genutzt worden. Dass es jetzt wieder so kommen könnte, zeige, dass beim Kreis ein enormer Leidensdruck herrsche. „Das darf wirklich nur der letzte Schritt sein“, merkt Diebold an. Seine Schule sieht er im Fall der Fälle gleich dreifach belastet. Zum einen, weil es bereits seit vergangenem Jahr eine Asylbewerberunterkunft für 140 Menschen in direkter Nachbarschaft gibt. Und zum anderen, weil derzeit eine zweite auf dem Gelände am Krankenhaus Leonberg geplant wird, für die bereits eine Baugenehmigung vorliegt. Das BSZ Leonberg und das Kaufmännische Schulzentrum Böblingen sind die einzigen Standorte mit zwei Turnhallen. In Frage kommen noch die Gottlieb-Daimler-Schule 1 in Sindelfingen, die Hilde-Domin-Schule Herrenberg und die Mildred-Scheel-Schule Böblingen.

Der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid, der für die CDU im Kreistag sitzt, zeigte sich überrascht darüber, dass die BSZ-Hallen für einen Umbau zu Notunterkünften im Gespräch sind. Davon habe er im Kreistag nichts gehört. Oberbürgermeister Bernhard Schuler wies darauf hin, dass der Landrat wissen müsste, dass die soziale Akzeptanz für die sehr konzentrierte Unterbringung von Flüchtlingen an diesem Standort nahe dem Krankenhaus und der Gartenstadt bald erschöpft sei.

Der Umbau der Turnhallen allein reiche aber nicht, um die prognostizierte Zahl an Flüchtlingen aufzunehmen. Deshalb hat der Kreistag am Montag ebenso zugestimmt, 150 Wohncontainer für bis zu 500 Menschen zu kaufen oder anzumieten. Lieferzeit zwei bis drei Monate. Im Nachtragsetat sind dafür 7,5 Millionen Euro eingestellt worden. Allerdings hat die Verwaltung bisher noch keinen Standort. Brieflich hat Landrat Roland Bernhard die Bürgermeister gebeten, geeignete Areale zu nennen. Gefordert seien nun Städte mit 9000 oder mehr Einwohnern, die bisher noch nicht Standort einer Gemeinschaftsunterkunft sind.

Asylbewerber im Landkreis Böblingen

Neun Kommunen
21 Unterkünfte gibt es derzeit in Leonberg (204 Plätze), Renningen (153), Sindelfingen (343), Böblingen (230), Herrenberg (216), Gäufelden (97), Holzgerlingen (57), Bondorf (48) und Aidlingen (40). Das sind insgesamt 1388 Plätze (Stand zum 1. August 2015). Dazu kommen weitere Flüchtlinge, die privat untergebracht sind. Etwa 250 Menschen kommen derzeit pro Monat aus den Erstaufnahmelagern in den Kreis. Nur 20 ziehen wieder aus, weil sie ins Herkunftsland zurückgeschickt werden oder in die Anschlussunterbringung kommen.