Modern, mit Witz und Widerstand gegen Althergebrachtes: Das Theater Liberi aus Bochum begeistert die Zuschauer in der Stadthalle mit dem Musical „Aschenputtel“.

Leonberg - Mensch Papa!“, sagt der Prinz empört zu seinem königlichen Vater. Das hört sich bekannt an, oder? Denn welcher Knirps hat das so nicht auch schon seinem Erzeuger zugerufen. Die Sprache in „Aschenputtel – Das Musical“ hat nur noch in Ansätzen etwas mit der des uralten Märchens zu tun, das durch die Bearbeitung der Brüder Grimm im deutschen Sprachraum erst so richtig bekannt wurde. Sind in der Grimm’schen Fassung die Stiefschwestern von Aschenputtel willfährige Werkzeuge der bösen Stiefmutter, so ist in der Version des Autoren und Regisseurs Helge Fedder die Stiefschwester von Anfang an solidarisch mit Aschenputtel.

 

Das zieht sich durchs ganze Stück und gipfelt am Ende in dem Satz der Tochter zur Mutter: „Mama, du bist unmöglich! Ich schäme mich für dich. Du redest erst, wenn ich es dir erlaube.“ Starke Sätze einer emanzipierten Tochter, die lieber studieren möchte, als einen Prinzen zu heiraten. So bleibt der Hochwohlgeborene für Aschenputtel, die ihn am Ende natürlich auch bekommt. Schließlich muss selbst in einem auf modern gebürsteten Märchen die Liebe siegen. Und im musikalischen Schlussakkord heißt es dann: „Alles geht weiter, heiter mal traurig, alles wird gut.“

Das Programmheft hilft weiter

Den rund 450 Zuschauern gefällt, was das Tourneetheater mit seinem Produzenten Lars Arend auf die Bühne der Leonberger Stadthalle zaubert. Wenn auch die ganz Kleinen – das Stück ist für Kinder von vier Jahren an gedacht – vieles sicher nicht verstehen. Und das nicht nur wegen mancher Pointen und Anspielungen, sondern auch wegen der akustisch manchmal recht schwer zu verstehenden Liedtexte, die allerdings im Programmheft nachgelesen werden können. Dabei ist es gerade die flotte Musik aus der Feder von Christoph Kloppenburg und Hans Christian Becker, die die mit vielen Kostüm- und Bühnenbildwechseln inszenierte Aufführung modern und lebendig werden lässt.

Leah Bukatsch, die aus Stuttgart stammt und dort auch zur Musicaldarstellerin ausgebildet wurde, spielt das zarte, zurückhaltende und auch ein Stück weit schicksalergebene Aschenputtel. Eine herausragende Figur unter den sechs Mimen auf der Bühne ist auch Stefan Peters, der an der Theaterschule Aachen sein schauspielerisches Handwerk lernte. Er verkörpert den gütigen König, dem es egal ist, ob die Zukünftige seines Sohnes eine Prinzessin oder Magd ist, wenn denn nur Liebe im Spiel ist.

Für die kleinen Zuschauer, die rein optisch im Publikum die Mehrzahl bilden – unter ihnen wiederum auffallend die Mädchen – sind die musikalischen Einlagen wohl die Höhepunkte. Hier lässt es sich mitwippen und mitklatschen und nebenher noch Popcorn und Chips knabbern. Die Kinder reagieren besonders dann mit Gelächter, wenn es komische Situationen auf der Bühne gibt, etwa wenn beim Ball eine wilde Hetzjagd aller Darsteller nach Aschenputtel ausbricht.

Und als die Schauspieler nach der Aufführung im Foyer für Autogramme bereitstehen, bildet sich rasch eine lange Schlange. Denn wer möchte nicht von Aschenputtel, dem Prinzen oder dem König ein handsigniertes Programmheft mit nach Hause nehmen?

Seit dem Jahr 2008 auf Tour

Schon insgesamt sieben Märchen hat das Theater Liberi unter der Leitung seines Produzenten Lars Arend in Musical-Form auf die Bühne gebracht, das reicht von Schneewittchen über Peter Pan bis zur Kleinen Meerjungfrau.

Seit 2008 touren die Ensembles mit den Stücken vor allem in den Wintermonaten durch ganz Deutschland und Österreich. Bühnenbild und -technik haben sie immer dabei. Man betreibe diesen Aufwand, weil man nicht nur Zuschauer in den großen Städten, sondern auch in ländlicheren Regionen erreichen wolle, so die Begründung von Produzent Lars Arend, warum das Theater auf ein festes Haus verzichtet und lieber durch das Land tourt.