Der offenbar psychisch kranke Mann hat auch Polizeibeamte beleidigt und Lebensmittel geklaut. Jetzt steht er vor Gericht.

Leonberg - Er sei mit der Arbeit seines Betreuers nicht einverstanden gewesen, sagt der Mann auf der Anklagebank im Amtsgericht Leonberg. Dann habe er seinen Ärger in einer E-Mail zum Ausdruck gebracht. „Ich bringe Sie um, sollten Sie noch etwas unternehmen!“, tippte er in die Tasten. „Lieben Menschen schicke ich eine nette Nachricht, bösen Menschen eben nicht!“, erklärt der 45-Jährige.

 

Die Drohung ist allerdings nur einer der insgesamt acht Anklagepunkte, wegen derer sich der offenbar psychisch kranke Mann aus Renningen verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm auch Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Diebstahl sowie Hausfriedensbruch vor. In der Verhandlung sitzt der Mann in Handschellen, bewacht von zwei Polizisten, die ihn zwangsvorführen mussten, weil er zum Termin nicht erschienen war.

Er beschimpft auch die Richterin – trotz Verwarnungsgeld

Der Renninger ist aggressiv, fällt der Richterin Sandra De Falco immer wieder ins Wort. Später macht er nicht einmal davor Halt, sie zu beschimpfen. Die Richterin verhängt ein Verwarnungsgeld gegen den Mann, kurz darauf ein zweites. Doch weil sich der Angeklagte nicht zügelt, sieht sie sich gezwungen, ihn von der Verhandlung auszuschließen. „Ich werde ohnehin nix zahlen!“, kündigt der 45-Jährige lautstark an. Nach einer Denkpause darf er später wieder rein. Mit seinem Pflichtverteidiger wechselt er kein Wort.

Zu den Vorwürfen will er größtenteils keine Stellung nehmen, verlangt stattdessen ein Glas Wasser. Neben der Droh-E-Mail an seinen Betreuer im Januar vor einem Jahr soll er auch Mitarbeitern des Amtsgerichts Hagen damit gedroht haben, sie „kalt zu machen“. Außerdem listet die Anklage auf: In seinem Blog beschimpfte er im Februar 2015 einen Polizeibeamten als Trottel, wenig später einen weiteren Beamten als „Nazischwein“. Bei einem Discounter hielt er sich nicht an das gegen ihn ausgesprochene Hausverbot und ließ mehrmals Lebensmittel mitgehen. Als die Polizei anrückte, beschimpfte er sie, fuchtelte mit den Armen herum und kratzte dabei einem Beamten ins Gesicht.

Angeklagter: „Ich bin der liebste Mensch, den es gibt!“

Der 45-Jährige erklärt: „Ich werde immer als Bösewicht dargestellt, aber ich bin der liebste Mensch, den es gibt“, sagt er. „Man muss mich nur in Ruhe lassen!“ Dann gibt er den Ladendiebstahl zu. Wie der Bezieher einer Erwerbsminderungsrente erklärt, habe er kein Geld gehabt, um Lebensmittel zu kaufen. „Ich hatte wegen eines Einwilligungsvorbehalts des Gerichts keinen Zugriff auf mein Konto“, moniert er. Daher habe er an der Kasse einen Zettel hinterlassen mit dem Hinweis: „Bitte Rechnung an das Amtsgericht Böblingen schicken!“ Später lässt er das Gericht aber wissen, er lebe „gerne auf großem Fuß“.

Der gelernte Bäcker erzählt, dass er früher unter epileptischen Anfällen litt und in der Psychiatrie untergebracht war. Seitdem steht er auf gerichtlichem Beschluss hin unter Aufsicht eines Betreuers, der für ihn alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten regelt – ohne Absprache darf er auch keine Verträge abschließen. Sein Betreuer, den der Angeklagte beim Betreten des Gerichtssaals als „Zigeuner“ beschimpft, erklärt konsterniert: „Er ist nicht betreubar, es macht keinen Sinn.“ Anfangs sei er noch gut mit ihm ausgekommen. „Aber dann stellte er die unmöglichsten Forderungen, wie Wohngeld für ein Hotel“, berichtet der Mann, der die angeklagte Todesdrohung nicht sonderlich ernst genommen habe.

Problem mit staatlichen Autoritäten?

Auf Nachfrage des Gerichts beschreibt der Renninger, der in einer Obdachlosenunterkunft lebt, seinen Alltag wie folgt: „Ich stehe auf, wenn ich lustig bin und gehe ins Bett, wenn ich lustig bin.“ Dazwischen setze er sich an seinen Computer und verschicke die ein oder andere E-Mail. Dass diese meist alles andere als freundlich formuliert seien, sagt ein geladener Polizeibeamter aus, der ihn schon länger kennt. „Er hat auch schon früher Mitarbeiter von Behörden beschimpft“, erzählt er, „offenbar hat er ein Problem mit staatlichen Autoritäten“.

Mit Blick auf die Unbeherrschtheit des Mannes zieht es die Richterin am Ende des ersten Verhandlungstages in Betracht, den 45-Jährigen zumindest bei der Vernehmung weiterer Zeugen vom Prozess auszuschließen. Bei der Fortsetzung wird auch eine Sachverständige ihr Gutachten über den psychischen Zustand des Angeklagten vortragen. Der Prozess wird fortgesetzt.