Es könnte ein Durchbruch sein, wenn das Konzept zur Aufwertung des Leonhardsviertels ernsthaft umgesetzt wird – das ganze Quartier würde davon profitieren. Die Frauen allerdings werden weiter leiden, meint StZ-Redakteur Thomas Faltin.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Zuletzt hat OB Fritz Kuhn, den manche schon den Herrn der Konzepte nennen, nicht nur Applaus bekommen für seine Papiere – man denke nur an das Energiekonzept, das viele Erwartungen unerfüllt gelassen hat. Im Leonhardsviertel scheint Kuhn jetzt alles richtig zu machen. Er will rechtsfreie Räume und damit Bordelle schließen, er will, dass die Stadt Häuser kauft und als Akteur ins Quartier zurückkehrt, und er will die Altstadt aufwerten, indem historische Häuser wieder Glanz verbreiten und Wohnraum bieten.

 

Die Ziele selbst sind nicht neu. Das Verdienst Kuhns ist es aber, dass er das Leonhardsviertel zur Chefsache gemacht und die auseinanderstrebenden Ansichten von Sozial-, Bau- und Ordnungsreferat zusammengebracht hat. Und: Er hat den ernsthaften Willen bekundet, die rechtlichen Möglichkeiten konsequent auszuschöpfen. So etwas nennt man gemeinhin: klare Ansage.

Die Polizei kann den Frauen nur selten helfen

Allerdings sind damit längst nicht alle Probleme vom Tisch. Die Stadt braucht einen langen Atem und viel Geld, um das Konzept wirklich umzusetzen. Zudem darf man nicht vergessen, dass sich ein Verdrängungseffekt einstellen wird: Bordelle verschwinden häufig nicht; sie machen nur anderswo wieder auf. Bei allem notwendigen Fokus auf das Leonhardsviertel – dort sind nicht einmal zehn Prozent der Rotlichtetablissements in Stuttgart angesiedelt. Und auch das Leiden der Prostituierten wird weitergehen, wie Polizeipräsident Franz Lutz am Donnerstag ziemlich unverhohlen zugab. Es sei, so sagte er, ungeheuer schwer, Verstöße von Zuhälterei oder Menschenhandel zu ahnden; da müssten die Bundesgesetze geändert werden.

Nebenbei: Ein Manko des Konzepts ist, dass scheinbar nicht mit den Hauseigentümern der Häuser gesprochen wurde. Denn einige sind durchaus offen für legale Nutzungen – mit ihrer Unterstützung ginge manches leichter. Aber dennoch, es ist ein gutes Konzept. Die Arbeit fängt jetzt an.