Der Werkrealschulzug an der Lerchenrainschule hat wohl definitiv keine Zukunft mehr.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Nur fünf Schüler aus dem Stuttgarter Süden gehen in diesem Schuljahr auf eine Werkrealschule. Das entspricht ungefähr 2,3 Prozent aller Grundschüler im Stadtbezirk. Im Jahr 2006 besuchten noch 32 Prozent aller Kinder eine Haupt- und Werkrealschule. Die Schulart scheint bei Eltern und Kinder nicht mehr gefragt zu sein. Rund 70 Prozent der Kinder im Süden bevorzugen nämlich das Gymnasium und etwa 14 Prozent eine Gemeinschaftsschule, wie Philipp Forstner vom Stuttgarter Schulverwaltungsamt am Dienstag im Bezirksbeirat Süd mitteilte.

 

Für den Werkrealschulzug an der Lerchenrainschule in Heslach sieht es damit künftig schlecht aus. Bereits im zweiten Jahr hintereinander konnte die Schule mangels Anmeldezahlen keine Klassse fünf bilden. Damit steht sie auf der Liste derjenigen Schulen, die nach und nach auslaufen sollen. Einen endgültigen Gemeinderatsbeschluss gibt dazu laut Manfred Rittershofer aber bisher nicht. Der Schulamtsdirektor beim Staatlichen Schulamt sieht für die Schule aber keine Perspektive.

Der Bezirksbeirat Süd kämpft schon länger für einen Erhalt der Werkrealschule dort. Deshalb waren die beiden Vertreter aus der Verwaltung in die öffentliche Sitzung eingeladen. Die Zahlen, Daten und Fakten der beiden Herren gefielen den Lokalpolitikern aber nicht besonders. Insgesamt hatte man in dem Gremium gehofft, eine Perspektive für die Schule entwickeln zu können. Laut Ulrike Holch (SPD) seien ja nicht alle Schüler, die nun die Wahlfreiheit nach der Grundschule haben, auf einmal Gymnasiasten. „Früher ist niemand in der fünften Klasse auf dem Gymnasium durchgefallen, heute ist das normal.“ Aber Schüler, die es dort nicht schaffen würden, hätten kaum andere Optionen. Auch Wolf-Dieter Wieland (FDP) ist bekennender Fan der Lerchenrainschule: „Es war für Spätzünderkinder eine ideale Schule.“ Und jeder könne mit dem Werkrealschulabschluss später Abitur machen. Für Flüchtlingskinder sei dies doch ideal.

Doch der Schule fehlen einfach die Schüler. Kritisiert wurde in der Vergangenheit, dass am Anmeldestichtag für die Klassen fünf die Flüchtlingskinder aus den Vorbereitungsklassen sowie die inklusiven Kinder noch nicht berücksichtigt waren. Laut Rittershofer hat dies einen Grund: Es gebe unterschiedliche Förderansprüche, nach diesen Kriterien werden die Kinder verteilt. Das müsse eben nicht zwingend eine Werkrealschule sein. Bei den Flüchtlingskindern gelte dasselbe Prinzip: „Viele haben in ihrem Heimatland eine sehr gute Schulbildung genossen. Ihnen fehlen nur die Sprachkenntnisse“, sagte er. „Wir können die nicht zu Hauptschülern machen weil wir sie zahlenmäßig dort brauchen.“

Der Trend gegen die Werkrealschule ist aber laut den Statistiken des Schulverwaltungsamtes in ganz Stuttgart zu beobachten, nicht nur im Süden. Sieben Werkrealschulen mit Klasse fünf existieren derzeit überhaupt noch. Und auch diesen prognostiziert Forstner keine rosige Zukunft: „Die sieben Standorte sind jetzt schon wieder zu viele.“ Langfristig werden wohl nur drei Standorte für die ganze Stadt bleiben. Die verbleibenden Werkrealschulen verteilen sich in der Innennstadt auf den Nord-Osten – an der Nordbahnhofstraße, in Ostheim und in Gablenberg.

Der Wegfall der verbindlichen Grundschulpflicht ebenso wie die Entscheidung für die Gemeinschaftsschulen der grün-roten Landesregierung sieht Rittershofer aber nicht als alleinigen Grund für die mangelnde Nachfrage der Werkrealschulen. Die Hauptschule – woraus die Werkrealschulen entstanden sind, habe schon viel früher ihre Akzeptanz verloren. „Eltern haben immer versucht, die Hauptschule zu vermeiden.“ Und das obwohl es an den Stuttgarter Schulen gut ausgebildete und sehr engagierte Kollegen gegeben habe. „Es war keine Sackgasse“, ergänzte er. „Aber es wurde immer wieder so empfunden.“ Mit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung seien dann aber die „Dämme offen“ gewesen.

Während es im Süden nun aber immerhin drei Gymnasien gibt, existiert nur eine Gemeinschaftsschule. Die Schickhardt-Schule platzt daher aus allen Nähten. „Nur eine Schule mit einer Sekundarstufe halte ich nicht für ausreichend“, sagte deshalb Wolfgang Jaworek (Grüne). Eventuell brauche man dann eine zweite Gemeinschaftsschule im Stadtbezirk.