Stromspeicher, neue Leitungen, Elektromobilität: der Wirtschaftsingenieur Frithjof Staiß erklärt, wie der Umbau der traditionellen Energieversorgung gelingen kann.

Stuttgart - Die Energiewende liegt Frithjof Staiß am Herzen: „Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten und mit neuen Techniken den Weg ebnen“, sagt der Direktor des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW). Zudem ist der Ausbau der erneuerbaren Energien für den Wirtschaftsingenieur ein Innovationsmotor. Doch Innovationen bergen stets auch gewisse Risiken. Und so hat Staiß seinen Vortrag an der Leser-Uni unter den Titel „Deutschlands neue Energie: regenerativ, revolutionär – riskant?“ gestellt.

 

Erst kürzlich hat das Zentrum der Öffentlichkeit ein neues Forschungsvorhaben präsentiert: die weltweit größte Forschungsanlage, mit der (überschüssiger) Wind- und Sonnenstrom zunächst in Wasserstoff und anschließend in Methan umgewandelt wird. Die Frage, wie sich Strom am besten speichern lässt, gehört zu den Kernproblemen der Energiewende. Denn wenn der Wind kräftig weht und die Sonne scheint, ist immer häufiger zu viel Strom im Netz. Und dann muss oft genug sogar dafür gezahlt werden, damit überschüssiger Strom „verbraten“ wird – etwa in einem Pumpspeicherkraftwerk, wo das Wasser hochgepumpt wird, um es später wieder ins Tal fließen zu lassen.

Viele Herausforderungen

Doch Stromspeicher sind nur ein Problem der Energiewende. „Der Wechsel hin zu erneuerbaren Energien bringt viele Herausforderungen mit sich“, sagt Staiß. Der Ausbau der Übertragungsnetze gehöre zum Beispiel dazu, aber auch die Elektromobilität. Auch die lässt sich nicht von heute auf morgen verwirklichen. Zunächst müssten die guten Ideen im Labor entstehen und dann in Modellversuchen geprüft werden. „Wir müssen der Industrie Perspektiven liefern“, beschreibt Staiß das Ziel. Am Ende des Prozesses stünden dann die neuen Produkte und Dienstleistungen.

Wichtig dazu seien auch Systemanalysen – seit Langem das schwerpunktmäßige Forschungsgebiet des Wissenschaftlers. So müssen die Systemanalytiker Szenarien und Strategien dafür entwickeln, was in den einzelnen Bereichen – etwa bei Übertragungsnetzen oder Speichertechniken – zu tun ist. „Nur so lassen sich die Voraussetzungen schaffen für eine solide Forschungsförderung und die anschließende Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis“, erläutert Staiß. Und er vergisst nicht zu erwähnen, dass dabei die Akzeptanz durch die Bevölkerung eine wichtige Rolle spielt.

Akzeptanz ist wichtig

Für die Akzeptanz entscheidend ist sicherlich auch der Strompreis – und da dieser derzeit stetig steigt, gerät die Energiewende zunehmend in die Kritik. Doch Staiß gibt zu bedenken, dass „in Deutschland der Anteil an den Lebenshaltungskosten, der für Strom aufgewendet werden muss, so hoch ist wie vor 20 Jahren“. Aber er räumt ein, dass die Besitzer von Nachtspeicheröfen deutlich stärker belastet werden.

Umso wichtiger ist für den Forscher, dass sich die Politik zügig und energisch der Probleme annimmt, welche die Energiewende mit sich bringt. Auch hier leistet er seinen Beitrag: Seit Herbst 2011 sitzt er in der vierköpfigen Expertenkommission, die im Auftrag der Bundesregierung überprüfen soll, ob die Energiewende wie geplant umgesetzt wird. Der erste Bericht ist kurz vor Weihnachten erschienen: Darin stellen Staiß und seine Kollegen fest, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit noch immer eine große Lücke klafft.

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Der Referent: Frithjof Staiß

Wirtschaftsingenieur
Nach seinem Abschluss als Wirtschaftsingenieur mit Fachrichtung Maschinenbau an der TU Darmstadt ging Frithjof Staiß 1989 zum Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW). Während er sich dort mit Systemanalyse – etwa mit Potenzial- und Marktanalysen zu erneuerbaren Energien – beschäftigte, promovierte er in Ökonomie. Seit 2007 leitet er das ZSW, zudem ist er Honorarprofessor an der TU Darmstadt.

Politikberater
Staiß sieht sich als typischer „Schnittstellenmensch“. Diese Tätigkeit umfasst auch Politikberatung: im Bundesumweltministerium, als Mitglied einer Expertengruppe zum Monitoring der Energiewende im Auftrag der Bundesregierung sowie im Beirat für Nachhaltige Entwicklung der baden-württembergischen Landesregierung.

Bauherr
Auch privat ist Staiß von der Energiewende überzeugt. Bereits 1997 hat der Vater zweier Kinder ein Niedrigenergiehaus gebaut – was damals „die Speerspitze der Ökobewegung war“, wie er rückblickend sagt.

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