Die amerikanische Schauspielerin Leslie Malton spielt eine Hauptrolle im Stück „Virginia Woolf“, das in der Fellbacher Schwabenlandhalle gezeigt wird. Im Interview spricht die 58-Jährige auch über eine frühere Begegnung mit Elisabeth Taylor.

Fellbach - Viele kennen die Darstellerin mit der prägnanten, rauchigen Stimme durch die Rolle als Börsenmaklerin in Dieter Wedels TV-Vierteiler „Der große Bellheim“ im ZDF 1993. Anfang nächster Woche kommt Leslie Malton für zwei Tage in die Fellbacher Schwabenlandhalle.

 
Frau Malton, Sie spielen jetzt auf der Fellbacher Bühne jene Rolle, in der Liz Taylor einst berühmt wurde. Dabei haben Sie selbst eine gemeinsame Vergangenheit?
Na ja, diese Beschreibung wäre vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber tatsächlich habe ich sie 1976 kennengelernt, ich war damals 17 Jahre alt. Für den Film „A Little Night Music“ war ich als Assistentin für die Schauspielerin Hermione Gingold beschäftigt und täglich mit ihr am Drehort in Wien. Irgendwann meinte der Regisseur: Wenn Elizabeth Taylor in der Hauptrolle eine Dienerin hat, muss auch diese Madame Armfeldt, also Hermione Gingold, als ihre Tante eine Zofe haben. Und weil ich sowas ja im echten Leben auch war, wurde ich kurzerhand für die Rolle ausgewählt. Aber das war eigentlich nur ein Drehtag. Mit Elizabeth Taylor hatte ich nur eine kurze gemeinsame Szene, die aber fast tragisch geendet hätte.
Wieso das denn?
Tja, ich hätte sie fast erwürgt. Ich sollte ihr aus einer Kutsche helfen, sie hatte um den Hals eine Boa gebunden. Sie steigt also runter, ich mache mich an der Stola zu schaffen, dabei verheddert sich das Ganze, und ich würge sie. „You’re strangling me“ (Du erwürgst mich), schrie sie auf, ich wär am liebsten im Erdboden verschwunden!
Einst Liz Taylor, jetzt spielen Sie selbst die Martha in „Virginia Woolf“. Ein Leckerbissen für jeden Schauspieler?
Es ist eine Freude, eine Ehre, ein Glück, diese Rolle spielen zu dürfen. Wenn ich in den vergangenen Monaten erzählte, dass ich dieses Stück spiele, war die Reaktion immer gleich sehr angeregt. Dieses Stück scheint auch bei Menschen, die nicht oft ins Theater gehen, etwas zu erwecken, was sie unbedingt sehen wollen: Ein Ehepaar, das ohne Rücksicht auf Verluste aufeinander losgeht. Dabei darf man nicht vergessen, dass es eine Liebesgeschichte ist. Eine Liebesgeschichte über zwei sehr verletzte, zerstörte Menschen.
Darin geht’s aber schon ziemlich zur Sache.
Ja, der Schauplatz im Wohnzimmer ist wie eine Art Boxarena. Aber die Herausforderung und unsere Aufgabe als Schauspieler ist, diese Szenen und Rollen mit Wahrheit zu füllen, aufzuspüren, warum die Menschen so geworden sind.
Und Ihr Gegenspieler ist auch noch Ihr eigener Mann, Felix von Manteuffel. Eine spezielle Konstellation – oder macht diese Zerfleischung sogar Spaß?
Mit dem eigenen Partner zu spielen, hat den Vorteil, dass man sich gut kennt, man muss nicht erst Vertrauen aufbauen, es ist schon da, und so kann man sehr viel schneller, viel tiefer einsteigen in die Rolle. Wir spielen jedenfalls keinen privaten Ehekrach, weil wir den auch privat nicht haben.
Sie sind damit aktuell auf Theatertournee, täglich von Nord nach Süd und zurück. Lust oder Frust?
Für mich ist es die zweite Theatertournee, mein Mann hat schon drei oder vier hinter sich. Wir haben am 13. Oktober begonnen und spielen bis 30. November. Die Stationen sind auch so arrangiert, dass wir meistens maximal 350 Kilometer zum nächsten Aufführungsort zurücklegen müssen. Aber die Schauspielerei ist ja schon immer ein Wanderberuf gewesen.
Oft sind Sie auch im Fernsehen zu sehen. Unsere Beobachtung bei Dreharbeiten: Da wartet man stundenlang am Set, um endlich die wenigen Sekunden Text aufzusagen – und das, wenn’s blöd läuft, auch noch 20 Mal zu wiederholen.
Die Zeiten, wo eine Szene 20-mal wiederholt wird, sind lange vorbei! Nicht aus künstlerischen, sondern finanziellen Gründen. Zwischen der Film- und der Theaterarbeit besteht ein erheblicher Unterschied. Im Theater spielen wir das Stück chronologisch durch. Und weil mehr Zeit für Proben zur Verfügung steht, gibt es auch eine kollektive Auseinandersetzung mit dem Stoff, mit dem Autor, die es beim Film bedauerlicherweise eher nicht gibt. Der Reiz beim Film ist ein anderer. Die Figuren beim Film identifizieren sich oft über einen Beruf, von dem ich in den meisten Fällen nichts weiß. Zum Beispiel in „Der große Bellheim“ war meine Rolle der Gudrun Lange fest im Bankenmilieu, auf dem Parkett der Börse. Das kannte ich überhaupt nicht, und ich hatte die großartige Gelegenheit, mich dort eine Zeitlang umzusehen. Auch als ich vor einigen Jahren mal eine Virologin spielte, konnte ich meine Recherchen an der Freien Universität im Labor zusammen mit einer Wissenschaftlerin nachgehen. Beim Film besteht die Herausforderung darin, immer sehr lange zu warten, da muß man die Säfte am Köcheln halten – bis zu dem Moment des Servierens.
Ihre TV-Rollen-Vita listet keine Rosamunde Pilcher auf, dafür Tatort, Polizeiruf, Wilsberg, Einzelproduktionen, 90-Minüter. . .
Mit meiner Rollenauswahl versuche ich achtsam umzugehen und erlaube mir, wählerisch zu sein. Was nicht immer möglich ist, denn ich bin freischaffend und muss schauen, dass die Miete bezahlt werden kann und das Essen auf den Tisch kommt. Mein Mann und ich haben über die Jahre eigene Projekte entwickelt, dazu kommen Lesungen, Hörfunk, Hörbücher, es gibt ein weites Spektrum, das ist ganz toll.
Eine Kollegin meinte in der Vorbereitung auf dieses Interview: „Die wird doch gern als Biest eingesetzt.“ Stimmt das?
Ach, das sind so Attribute, um einen schnell in eine Schublade stecken zu können. Schon beim „Großen Bellheim“ wurde ich als „Börsenbiest“ bezeichnet, als geldgierige Maklerin. Mir geht es darum, die Rolle differenziert darzustellen. Auch bei „Virginia Woolf“: Warum sind das so zerstörte Menschen, warum kommen die so schwer zueinander?
Vergangene Woche wiederum war für Sie als gebürtige Washingtonerin wohl kein Freudentag. Haben Sie gewählt? Vermutlich nicht Trump. Und sind Sie wach geblieben?
Ich gehe immer zur Wahl. Und wie Sie richtig vermuten, habe ich den neuen Präsidenten nicht gewählt. Mein Mann hat sich das alles im Fernsehen angeguckt; ich konnte es nicht.
Was denken Sie mit ein paar Tagen Abstand?
Ich halte es da mit Bob Dylan: „The Times they are a changing.“